Es geht um mehr Grün: Bis 2030 sollen die EU-Mitgliedsstaaten gemäß dem Renaturierungsgesetz in mindestens 20 Prozent ihrer Land- und Seeflächen die Lebensräume natürlicher gestalten. Bis 2050 soll dies für alle bedrohten Lebensräume gelten. Städte sollen grüner, Moore feuchter und Meere, Flüsse sowie Wälder wieder ihrem natürlichen Zustand nähergebracht werden. Mindestens 25.000 Kilometer Flüsse sollen wieder frei fließen, was den Rückbau von Begradigungen oder Kraftwerken erfordert.

Das Problem: Das alles sollen die Landwirte und EU-Staaten penibel für Brüssel dokumentieren, was einen schlicht enormen bürokratischen Aufwand bedeuten würde. Teuer kommt das alles auch den Steuerzahler: Von Kosten in der Höhe von unfassbaren 154 Milliarden Euro ist die Rede. Überdies dürfte sich das alles ohne Eingriff in das Eigentum von Grundbesitzern nicht umsetzen lassen. Das sehen auch mehrere EU-Mitgliedsstaaten und heimische Landeshauptleute mittlerweile so – aber nicht Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), was für Ärger sorgt.

Zu den scharfen und lautstarken Kritikern der geplanten EU-Verordnung gehörte in Österreich die steirische Landesrätin Simone Schmiedtbauer (Bild, ÖVP).APA/ERWIN SCHERIAU

Gewessler: Dürfen nicht klimapolitische Zielsetzung runterschrauben

Der eXXpress warnte bereits im vergangenen Juli vor diesem EU-Vorhaben, das zentraler Bestandteil des Klimaschutzpakets „Green Deal“ ist. Ende Februar einigten sich die EU-Abgeordneten auf einen Kompromiss, der aber die zentralen Mängel nicht beseitigt hat. Nun wird die Umsetzung an der der fehlenden Zustimmung mehrerer EU-Regierungschefs – darunter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) – scheitern.

Leonore Gewessler macht sich hingegen weiterhin dafür stark. Sie war schon im vergangenen Sommer euphorisch: „Das EU-Gesetz sorgt dafür, dass wir der Natur wieder Platz zum Entfalten zurückgeben und darauf achten, dass wir nicht immer mehr Flächen zerstören und zubetonieren“, erklärte die Grünen-Politikerin.

Für den jetzigen Meinungsumschwung macht Gewessler auch die Bauernproteste verantwortlich: „Es mag auch durchaus sein, dass es hier und dort zu überzogenen bürokratischen Anforderungen gekommen ist“, sagt sie. Deswegen aber bei der „klimapolitischen und ökologischen Zielsetzung runterzuschrauben“, halte sie für den falschen Weg.

FPÖ-Haider: Gewessler handelt gegen Bundesländer

Scharfe Kritik an Gewessler übt der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider: „Mit ihrer schizophrenen Agitation für das Renaturierungsgesetz verrät Ministerin Gewessler nicht nur die Interessen der Österreicher, sondern handelt auch klar gegen einen rechtsgültigen Beschluss der österreichischen Bundesländer“, erklärte er. Erfreulicherweise scheitere nun das Vorhaben, das weitere massive Belastungen für die Landwirte, die kalte Enteignung von Kulturflächen sowie den europaweiten Einbruch bei der Agrarproduktion bedeuten würde. „Zum Glück teilen die Bundesländer unsere Bedenken und haben Ministerin Gewessler verpflichtet, nicht für dieses Gesetz zu stimmen“, stellte Haider fest.

Gewessler handelt gegen den Beschluss der Bundesländer, sagt der FPÖ EU-Abgeordnete Roman Haider (Bild).APA/TEAM FOTOKERSCHI.AT/HANNES DRAXLER

Schmiedtbauer: „Finanzierung von unglaublichen 154 Milliarden Euro völlig offen“

Eine besonders lautstarke Kritikerin des EU-Vorhabens ist die steirische Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP). Gegenüber dem eXXpress unterstreicht sie: Zwar sei Kimaschutz „unbedingt notwendig“. Die Land- und Forstwirte spürten bereits die Folgen auf ihren Feldern und in ihren Wäldern. „Der Gesetzesvorschlag zur Wiederherstellung der Natur ist aber nicht die nötige Antwort auf diese Herausforderungen. Der Vorschlag würde nur zusätzliche Bürokratie schaffen.“

Überdies sei völlig unklar, wie das teure Vorhaben überhaupt verwirklicht wird. „Die Finanzierung der Folgekosten, die sich laut EU-Kommission auf unglaubliche 154 Milliarden Euro belaufen würden, ist völlig offen. Es gibt bereits 23 verschiedene Rechtsnormen auf europäischer Ebene, die verschiedene Renaturierungsmaßnahmen vorschreiben. Ich setze mich für weniger Bürokratie ein, statt noch mehr Auflagen und Verbote für die heimische Land- und Forstwirtschaft. Unsere Bauern produzieren bereits unter höchsten Standards.“