Höhere Löhne für Metaller: Der wahre Gewinner ist der Staat
Öffentlichkeitswirksam haben die Sozialpartner die Löhne der Metaller erhöht. Der wahre Sieger ist der Staat, sagt Franz Schellhorn von der Denkfabrik Agenda Austria, denn er profitiert am meisten. Starke Lohnerhöhungen könnten darüber hinaus die Inflation verfestigen, befürchtet der neue Wifo-Chef Gabriel Felbermayr.
Die Gewerkschaften klopften sich nach elf Stunden Feilschen in der Nacht auf Sonntag auf die Schulter: “Der starke Druck aus den Betrieben mit den Betriebsversammlungen und Warnstreiks hat auf Arbeitgeberseite für Bewegung gesorgt”, erklärten die beiden Gewerkschafts-Chefverhandler Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). “Nur so war es möglich, ein sehr, sehr gutes Gesamtpaket inklusive kräftigen Steigerungen bei Schichtzulagen und Lehrlingseinkommen zu schnüren.” In der fünften Lohnrunde haben sich die Verhandler auf eine Anhebung der Ist-Löhne um 3,55 Prozent geeinigt.
Schellhorn: "Der Staat bekommt auf jeden Fall mehr als die Beschäftigten"
Mehr Show ortet Franz Schellhorn, Direktor der Wiener Denkfabrik Agenda Austria: “Es wiederholt sich jedes Jahr dasselbe Spiel: Gewerkschaften und Arbeitgeber liefern sich öffentlichkeitswirksam einen harten Kampf um die Löhne. Im abgedunkelten Hintergrund beobachtet der Staat das jährliche Feilschen mit einem Lächeln auf den Lippen. Bekommt er doch immer mehr als die Beschäftigten, egal wie hoch der Abschluss ausfällt.”
Angestellte in der Branche werden zwar im Schnitt um 1146 Euro mehr Netto-Jahreseinkommen haben, aber auch 1727 Euro mehr Abgaben zahlen müssen, bei Arbeitern beträgt das Verhältnis 835 zu 1.183 Euro. Damit profitieren am meisten überhaupt nicht die Arbeitnehmer, sondern der Staat.
Gehalt steigt um 2,8 Prozent, die Steuer- und Abgabenleistung um 4,4 Prozent
Ein durchschnittlicher vollzeitbeschäftigter Arbeiter in der Metallbranche verdiente in diesem Jahr 3124 Euro brutto im Monat. Nach der beschlossenen Lohnerhöhung werden Arbeiter um 2,8 Prozent oder knapp 70 Euro mehr netto pro Monat auf dem Gehaltszettel sehen. Die Steuer- und Abgabenleistung werde sich dagegen um 4,4 Prozent oder knapp 100 Euro monatlich erhöhen, wie die Agenda Austria berechnet hat. Ein ähnliches Bild zeige sich bei den Angestellten: Deren Nettoentgelt steige um 95 Euro, während der Staat 144 Euro monatlich mehr an Steuern und Abgaben kassiere.
Wegen der schleichenden Steuererhöhung nehme die Steuerbelastung auch für jene Lohnerhöhungen zu, die nur die Inflation abdecken, kritisierte Schellhorn. Auch wer real nicht mehr verdiene, zahle trotzdem immer höhere Steuern. Eine solche “kalte Progression” wäre in der Schweiz oder in Schweden undenkbar, sagte Schellhorn. Dort würden die Beträge, ab denen die jeweiligen Steuersätze greifen, mit der Inflation mitwachsen, “so wie sich das für zivilisierte Volkswirtschaften gehört”.
Felbermayr: "Lohn-Preis-Spirale könnte für dauerhaft höhere Inflationsraten sorgen"
Kritik an den Gehaltserhöhungen kam auch vom neuen Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr. Das Problem: Die Gewerkschaften haben sich an der zu erwartenden Inflationsrate orientiert. Temporäre Inflationsspitzen könnten sich so verfestigen und Inflationserwartungen selbsterfüllend werden. “Das ist der Kern der Lohn-Preis-Spirale, die für dauerhaft höhere Inflationsraten sorgen könnte”, sagte Felbermayr gegenüber dem Standard. (APA/Red)
Kommentare
Sebastian Kurz ging schon 2017 auf Wahlkampf mit : “Die kalte Progression abschaffen”
Geredet hat er, um Stimmen zu kriegen , getan hat er nichts.
Die Schweiz und Schweden zeigen es vor, wie es fair ist :
Die Grenzen der Steuersätze erhöhen sich mit der Inflation.
Dann bekommt der Staat bei 3 % Lohnerhöhung 3 % mehr, und der Beschäftigte auch.
Die ÖVP tut so als ob sie den Mittelstand vertritt. Tatsache ist, dass die Steuern und Staatsabgaben immer höher werden (KEST I und II, Immoest I und II, jetzt zusätzlich noch CO2 Steuer und noch dazu die kalte Progression- alles in Zeiten wo die ÖVP in der Regierung war
Ja, die Kritik ist selbstverständlich berechtigt und richtig. Die Grenzen für die Steuerstufen müssten mit der Inflation jährlich angepasst werden. Aber nicht mit dem Konsumentenpreisindex, sondern mit der Inflation.
Man muss sich bei einem Vergleich mit anderen Ländern auch die unteren Einkommen anschauen. Bei uns zahlt man bis 10.000 EUR pro Jahr garnichts an Steuern. Dafür geht es danach dann sprunghafter in die Höhe.
Also ich habe hier die Steuersätze von 1997:
bis 50.000 ATS: 10%
ab 50.000 ATS: 22%
ab 150.000 ATS: 32%
ab 300.000 ATS: 42%
ab 700.000 ATS: 50%
Sonderlich niedrig waren die Steuern also auch vor 24 Jahren nicht. Es gab halt nicht diesen jähen Sprung von keine Steuer bis schon Steuer.
Lediglich durch einen Steuerabsetzbetrag von knapp 9000 ATS waren die ersten 9000 ATS steuerfrei, aber das war ja auch damals kein Jahreseinkommen, das jemand haben konnte. In der ersten Steuergruppe waren es halt dadurch defacto bis ca. 8% Steuern. Aber es wurde eben auch bei Kleinsteinkommen schon Steuer gezahlt, was heute nicht der Fall ist.