Wie der Krieg auf militärischem Weg beendet werden soll, weiß zurzeit keiner. In Europa scheinen einige auf ein Einlenken Moskaus zu hoffen, doch davon fehlt jede Spur. Gleichzeitig sind hunderttausende Soldaten auf dem Schlachtfeld getötet und verwundet worden. In der Ukraine fehlt es überdies an jungen Männern, denn viele haben bereits das Weite gesucht, wie demographische Daten beweisen. Dennoch lautet die Devise in Europa ungebrochen: Weiterkämpfen!

Es fehlt in der Ukraine vor allem an jungen Männern, die knapp über 20 sind. Genau aus dieses Altersgruppe kommen aber für gewöhnlich die Soldaten.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba postete umgehend auf X: “Der Stärkste ist derjenige, der im Kampf zwischen Gut und Böse auf der Seite des Guten steht und nicht versucht, sie auf die gleiche Stufe zu stellen und dies ‘Verhandlungen’ zu nennen.” Der ehemalige ukrainische Botschafter in Österreich, Olexander Scherba, nannte Franziskus einen “Kleingläubigen”.

Außenminister Dmytro Kuleba (Bild): Der "Stärkste" stehe "auf der Seite des Guten".APA/AFP/Michal Cizek

Ukrainischer Botschafter beim Heiligen Stuhl setzt Putin mit Hitler gleich

Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrij Jurasch, fragte auf X, ob im Zweiten Weltkrieg jemand mit Hitler ernsthaft über Frieden gesprochen und die weiße Fahne geschwenkt habe, um ihn zu befrieden. Mit Blick auf Moskau und den russischen Präsidenten Wladimir Putin fügte Jurasch laut Kathpress und katholischer Nachrichtenagentur hinzu, die Lektion aus der Geschichte sei: “Wenn wir den Krieg beenden wollen, müssen wir alles tun, um den Drachen zu töten!”

Die ukrainische Menschenrechtsaktivistin Oleksandra Matwijtschuk erklärte laut Kathpress, dass eine Kapitulation für die Ukraine russische Besatzung bedeute. Das heiße “Folter, sexuelle Gewalt, zwangsweises Verschwinden, Ablehnung der eigenen Identität, Zwangsadoption der eigenen Kinder, Filtrationslager und Massengräber”, sagte Matwijtschuk. “Die Besatzung ist nur eine andere Form des Krieges”, sagte die Vorsitzende des Kiewer Zentrums für bürgerliche Freiheiten, das 2022 den Friedensnobelpreis erhielt.

Olena Haluschka: "Ukraine wehrt sich gegen einen Völkermord"

Die Co-Gründerin des “Internationalen Zentrums für den Ukrainischen Sieg”, Olena Haluschka, schrieb auf X: “Der Papst sollte endlich den Mut haben, einen Aggressor zu verurteilen, anstatt dem Opfer vorzuwerfen, dass es sich gegen einen Völkermord wehrt.”

Polens Außenminister Radoslaw Sikorski twitterte: “Wie wäre es, wenn man zum Ausgleich Putin ermutigt, den Mut zu haben, seine Armee aus der Ukraine abzuziehen? Dann würde sofort Frieden einkehren, ohne dass Verhandlungen nötig wären”, schrieb Sikorski am Sonntag auf X – der eXXpress berichtete.

Scharfe Attacken gegen den Papst fährt überdies die Paneuropabewegung Österreich und ein “Bild”-Journalist Paul Ronzheimer:

Was der Papst konkret gesagt hat:

Das zum Heiligen Stuhl gehörende Online-Portal “Vatican News” verbreitete unterdessen am Sonntag in mehreren Sprachen, darunter auch Ukrainisch, einen Bericht über eine entsprechende Erklärung von Vatikansprecher Matteo Bruni, der präzisierte: Der Papst habe damit “vor allem zu einem Waffenstillstand aufgerufen”, und zum Mut, die “die Verhandlungen wiederzubeleben”

Die Samstagabend von Medien verbreiteten Papstworte stammen aus einem Interview des Katholischen Kirchenoberhauptes mit dem italienischsprachigen Schweizer Rundfunk RSI, das am 20. März in voller Länge ausgestrahlt werden soll. Mit den Aussagen, wonach die Ukraine “den Mut zur weißen Flagge und zu Verhandlungen” haben solle, habe der Pontifex das Bild der weißen Fahne aufgegriffen, das der Interviewer eingeführt habe, erläuterte Vatikan-Sprecher Bruni. Sinn der Aussage sei, dass Franziskus sich eine “diplomatische Lösung für einen gerechten und dauerhaften Frieden” wünsche.

“An anderer Stelle des Interviews, in dem er von einer anderen Konfliktsituation spricht, sich aber auf jede Kriegssituation bezieht, stellte der Papst weiter klar, dass eine Verhandlung ‘niemals eine Kapitulation’ ist”, zitierte das Portal den Vatikan-Sprecher.

In dem Interview fragte der Journalist Lorenzo Buccella den Papst: “In der Ukraine gibt es diejenigen, die den Mut zur Kapitulation, zur weißen Fahne, fordern. Aber andere sagen, dass dies die Stärksten legitimieren würde. Was sagen Sie dazu?” Darauf antwortete Franziskus: “Das ist eine Interpretationsweise. Aber ich denke, dass der stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt, der den Mut zur weißen Flagge hat, zu Verhandlungen. Und heute kann man mit der Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ‘verhandeln’ ist ein mutiges Wort.”

Weiter sagte der Papst in dem Interview: “Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben zu verhandeln. Du schämst dich, aber wie viele Tote wird es am Ende geben? Verhandle rechtzeitig, suche ein Land, das vermittelt. Heute, zum Beispiel im Krieg in der Ukraine, gibt es viele, die vermitteln wollen. Die Türkei hat sich dafür angeboten. Und andere. Schämt euch nicht, zu verhandeln”, erklärte das Kirchenoberhaupt weiter.

“Der Wunsch des Papstes”, sagte Vatikansprecher Bruni dazu, “ist und bleibt derselbe, den er in den letzten Jahren immer wieder geäußert und kürzlich anlässlich des zweiten Jahrestages des Konflikts wiederholt hat.”