Die drei am Dienstag einvernommenen Zeugen beim Kurz-Prozess gewährten ein wenig Einblick in die Entstehungsphase der türkis-blauen Koalition. In Summe hatten sie nicht viel Neues zu berichten, entlasteten aber grundsätzlich den Alt-Kanzler. Sie konnten ebenfalls keine Hinweise darauf liefern, dass sich der damalige Kanzler in die Auswahl der ÖBAG-Aufsichtsräte oder in die Bestellung von Thomas Schmid zum Vorstand eingemischt hatte.

Im Prozess gegen Sebastian Kurz (ÖVP) soll ermittelt werden, ob der damalige Bundeskanzler im Ibiza-Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt und seine Rolle bei der Bestellung des ÖBAG-Chefs hinunter gespielt habe.

Es geht um die Frage, ob Sebastian Kurz im Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt und seine Rolle bei der ÖBAG-Besetzung heruntergespielt habe.APA/TOBIAS STEINMAURER

Erste beiden Zeugen: Keine Gespräche mit Kurz über ÖBAG-Besetzung

Zunächst wurde Aufsichtsrätin Susanne Höllinger befragt – der eXXpress berichtete. Sie gab in ihrer Befragung durch Richter Michael Radasztics an, keine freundschaftliche Beziehung zu Kurz und zu dessen mitangeklagten einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli zu pflegen. Vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sei sie gefragt worden, ob sie Mitglied des ÖBAG-Aufsichtsrats werden will, was für sie aber nicht in Frage kam.

Ähnliche verlief die Befragung des zweiten Zeugen, des ÖBAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Helmut Kern. Auch er sei zunächst offiziell von Löger gefragt worden, ob er ÖBAG-Aufsichtsrat und auch dessen Vorsitzender werden wolle. Zuvor habe ihn Bonelli in dieser Angelegenheit angerufen und den Kontakt zum damaligen Finanzminister hergestellt.

ÖBAG-Aufsichtsrätin Susanne Höllinger sagte am Dienstag als erste Zeugin aus.APA/ROLAND SCHLAGER

Den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz habe er zuvor bei einem „Österreich-Gespräch“ im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder kennengelernt. Bezüglich der ÖBAG habe man aber keinen Kontakt gehabt. Er habe seine Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender unabhängig anlegen wollen, sagte Kern, der auch schon einen Posten als Finanzminister „aus persönlichen Gründen“ abgelehnt hatte.

Der ÖBAG-Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Kern war zunächst ebenfalls offiziell von Ex-Finanzminister Löger gefragt worden, ob er ÖBAG-Chef werden wolle.APA/ROLAND SCHLAGER

Drei letzte Zeugen werden am Mittwoch aussagen, darunter zwei Russen

Letzter Zeuge war Bernd Brünner, ehemaliger Generalsekretär im Bundeskanzleramt. Seine Aufgabe bei den Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ im Jahr 2017 sei es gewesen, in der Steuerungsgruppe wie ein „Notar“ aufzutreten und die Ergebnisse – also auch den türkis-blauen Side-Letter – zu Papier zu bringen. Dass Schmid ÖBAG-Chef werden wollte, habe er nicht gewusst. Auch Kurz habe mit ihm nicht darüber gesprochen.

Der als Zeuge geladene ehemaligem Generalsekretär im Bundeskanzleramt, Bernd Brünner, war unter anderem am Zustandekommen des türkis-blauen Sideletters beteiligt.APA/ROLAND SCHLAGER

Am Mittwoch ist dann noch Günther Helm, einstiger Chef des Diskonters Hofer und später im Aufsichtsrat der ÖBAG, an der Reihe. Am Nachmittag sollen schließlich jene zwei russischen Geschäftsleute via Zoom-Call aus der österreichischen Botschaft in Moskau befragt werden, die mit Schmid angeblich ein Bewerbungsgespräch hatten. Letzter Verhandlungstag ist dann voraussichtlicher der 23. Februar, an dem es auch ein Urteil geben könnte.