Der Unfall in der Schwechater OMV-Raffinerie könnte sehr bald sehr konkrete Folgen haben. Engpässe bei der Versorgung mit Sprit, die ohnehin schon drohen,  könnten sich dadurch noch weiter verschärfen.

Die OMV und das Energieministerium prüfen zurzeit die Auswirkungen auf die Rohöl- und Treibstoffversorgung in Österreich. Die Regierung hat deshalb einen Teil der Treibstoffreserven freigegeben – der eXXpress berichtete. Nun könnte die OMV ihre Tankstellen in Ungarn bald schließen, berichtet das ungarische Onlineportal “VG.hu” am Samstag. Dabei beruft es sich auf Branchen-Quellen.

200 Tankstellen in Ungarn

Als Grund wird ein Zwischenfall bei Instandhaltungsarbeiten in der Raffinerie Schwechat angegeben, was zu einer Verzögerung der Inbetriebnahme der Raffinerie führte. Das wäre die erste konkrete Folge des Unfalls.

Bald könnten Tankstellen des Mineralölkonzerns OMV zusperrenAPA/BARBARA GINDL

Die OMV betreibt in Ungarn an die 200 Tankstellen und deckt bei Benzin 17 bis 19 und bei Diesel 13 bis 15 Prozent des ungarischen Marktes. Nach Schätzungen würde die OMV von Juni bis August 30 Kilotonnen Benzin und 50 Kilotonnen Diesel nach Ungarn exportieren, schreibt das Onlineportal. Da die Spritpreise in Ungarn mit 480 Forint pro Liter gedeckelt und die Benzin- und Dieselpreise europaweit bedeutend teurere seien, wären ausländische Zulieferer nicht an der Bedienung des ungarischen Marktes interessiert.

Der ungarische Ölkonzern könnte den Ausfall nicht kompensieren

Im Falle der Schließung der OMV-Tankstellen in Ungarn könnte der ungarische Ölkonzern MOL die Ausfälle nicht kompensieren. Der Druck auf MOL habe sich leicht verringert, da die ungarische Regierung dem “Treibstoff-Tourismus ein Ende setzte, so dass nur noch Fahrzeuge mit ungarischem Kennzeichen für den billigen Einheitspreis von 480 Forint tanken dürfen.

Die OMV hat in der Raffinerie Schwechat kürzlich knapp 200 Millionen Euro in die Produktion von Biokraftstoffen investiertOMV

MOL habe wegen des Zwischenfalls in Schwechat die eigene anstehende Instandhaltung der Raffinerie Százhalombatta auf August und Oktober verschoben. Laut dem Onlineportal gebe es für diese zwei Monate zurzeit keine Lösung für eine störungsfreie Versorgung.

Internationale Energieagentur warnt vor beispielloser Energiekrise

Erst vor wenigen Tagen ließ Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris, in einem “Spiegel”-Interview aufhorchen – der eXXpress berichtete. Anders als die heimischen Politiker sprach er aus, was nach der Verhängung des Öl-Embargos gegen Russland und der instabilen Gas-Lieferungen schon in wenigen Wochen droht: “Russland war bis zum Angriff auf die Ukraine ein Eckpfeiler des globalen Energiesystems. Der weltgrößte Ölexporteur, der weltgrößte Gasexporteur, ein führender Anbieter von Kohle. Diese Energiekrise ist viel größer als die Ölkrisen der Siebziger- und Achtzigerjahre. Und wahrscheinlich wird sie länger dauern.”

Warnt: IEA-Direktor Fatih Birol

Auch Mangel an Ölprodukten droht

Die Konsequenz: “Auf den Ölmärkten könnte es im Sommer eng werden. Wenn die Haupturlaubs-Saison in Europa und in den USA losgeht, wird die Treibstoffnachfrage steigen. Dann könnte es zu Engpässen kommen: etwa bei Diesel, Benzin oder Kerosin, besonders in Europa.”

Europa sei besonders betroffen, weil wir nicht nur auf die Rohöl-Einfuhr angewiesen sind, sondern auch auf Importe von Ölprodukten. Fatih Birol: “Exportländer wie China verhängen dazu gerade erste Ausfuhrverbote; sie wollen ihre eigenen Verbraucher absichern.”

Wird für Versäumnisse deutlich kritisiert: Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne)

"Schwieriger Winter": Die Krise könnte noch lange anhalten

Auch der Winter könnte “schwierig werden. Es kann durchaus sein, dass Gas rationiert werden muss: vor allem in Staaten, die besonders abhängig von russischen Lieferungen sind.” Bekanntlich gehört dazu auch Österreich. Und wie berichtet, hat die grüne Energieministerin Leonore Gewessler verabsäumt, ein Maximum an Gasbevorratung sicherzustellen.