In den letzten Wochen habe ich viel über energetische und psychologische Dynamiken in Beziehungen gesprochen, die im Alltag alle sehr hilfreich sein mögen. Ein Thema aber, das sicher viele meiner Leser interessiert, ist bis jetzt etwas zu kurz gekommen. Sie haben’s vielleicht schon erraten: Genau, ich rede von Sex!

Und da alle Tipps und Ratschläge, wie man eine harmonische Beziehung führt, nur zu Teilerfolgen führen können, wenn die sexuelle Komponente im Lauf einer Beziehung immer mehr abnimmt, werde ich in den nächsten Wochen vermehrt darauf eingehen.

Denn was nützt der Fokus auf Qualität in allen Lebens- und Beziehungsbereichen, wenn gleichzeitig die Qualität in der Sexualität komplett zum Erliegen kommt und zu latentem Dauerfrust führt?

Dazu habe ich diese Woche als Überraschung gleich ein besonderes Gustostückerl für meine Leser vorbereitet. Zum ersten Mal darf im Rahmen meiner Kolumne ein Mann zu Wort kommen. Und zwar nicht irgendeiner, sondern der international bekannte spirituelle Coach und Tantralehrer Edgar Hofer. Und sollten Sie jetzt der Meinung sein, das wäre Ihnen alles viel zu esoterisch, dann lassen Sie sich im Laufe des Interviews überraschen, wie verständlich, pragmatisch und „unesoterisch“ Edgar auf die höchst spannenden Fragen eingeht.

Edgar Hofer ist ein internationaler Coach und Tantralehrer

Lieber Edgar, du bist seit mehr als 20 Jahren Tantralehrer, für den Laien auch bekannt als „Sexlehrer“. Ich habe dich für das heutige Interview eingeladen, weil du für mich der Inbegriff für jemanden bist, der verstanden hat, dass Qualität auf allen Ebenen gelebt werden darf und will, und dass man kein besserer Mensch wird, wenn man auf all das Schöne im Leben (wie zum Beispiel Sex) verzichtet. Was ist zunächst einmal Tantra genau und was sind die Vorteile für eine Beziehung? Kann Tantra verlorene Leidenschaft ersetzen oder retten?

Tantra stammt aus Indien und ist ursprünglich ein spiritueller Weg, ähnlich dem Yoga, und eine der wenigen spirituellen Traditionen, die auch Sexualität, Beziehung und Partnerschaft und vor allem die weibliche Seite mit integrieren. Primär geht es dabei um die Vereinigung unserer männlichen und weiblichen Anteile, Energien, Aspekte. Dies kann allein mit sich selbst geschehen und ist dann mehr „yogisch“, oder eben im Außen mit einem Partner, dann wird’s „sexueller“.

Durch die Praxis von Tantra entstehen dann auch viele Vorteile für Beziehungen. Der Sex wird erfüllter, länger, intensiver. Es wird nicht nach einem Orgasmus gejagt, sondern das Plateau davor sehr lange genossen, auch mit Hilfe des Atems und bestimmter Muskelkontraktionen (Beckenboden). Dadurch wird die Verbindung liebevoller, direkter, tiefer, eben eine echte Begegnung von Seele zu Seele bis hin zur ganzkörperlichen Verschmelzung. Was natürlich viel ekstatischer und befriedigender ist als ein „normaler“ Orgasmus. Aus Leidenschaft wird tiefe Erfüllung. Aus Zweiheit wird Einheit. Auch im Herzen. 

Warum können Gefühle wie Eifersucht, Angst, Scham, Stress, Wut und toxisches Verhalten allgemein auch gleichzeitig sexuelle Erregung erzeugen und warum wird Sex meistens langweilig, wenn jeder „superreflektiert“ und alles harmonisch ist?

Sexuelle Erregung und somit sexuelle Energie wird im Tantra ähnlich gesehen wie auch alle anderen Emotionen, die ja nichts weiter als Energiebewegungen im Körper sind. Emotion = E-Motion = Energy-Motion. Deshalb können Emotionen eben auch zu Erregung führen, wenn die Energie im Partner resoniert, also wie Gitarrensaiten, die sich gegenseitig zum Schwingen bringen, je nachdem, welches Energiezentrum (in Tantra „Chakra“ genannt) im Partner gerade am aktivsten und empfänglichsten ist. Ist dies das Herzchakra, triggert es Mitgefühl. Ist es der Solarplexus, triggert es Wut & Macht. Ist es das Sexualchakra, triggert es Erregung.

Ist man „superreflektiert“, kann es eben passieren, dass dieser Energiefluss – vor allem nach außen hin – letztlich stoppt, weil dann eben alles „mit sich selbst“ ausgemacht wird. Dann ist auch keine Energie da, welche die Sexualität triggern könnte. Die Emotionen versiegen. 

Einerseits will man einen treuen Mann zuhause haben und ärgert sich darüber, wenn er sich zusätzliche Bestätigung im Außen sucht. Andererseits verliert man ihm gegenüber aber mit der Zeit immer mehr das sexuelle Interesse, wenn er dauerhaft treu und sicher ist. Was ist das für ein Paradoxon?

Ja, an allem, was man „sicher hat“ verliert man – und auch Frau – mit der Zeit das Interesse. Die Konkurrenz fällt weg. Man hat ihn „in der Tasche“. Und dann, o weh, entwickelt er sich zum „besseren Haustier“, weil er eben auch seinen sexuellen Trieb mit der Zeit runtergefahren hat, nach außen wie auch nach innen. Sex ist kein Thema mehr. Die Leidenschaft ist erloschen. Man sieht ihn durch die gleichen gleichgültigen Augen wie all jene anderen Frauen, die ihn ebenso nicht (mehr) beachten. 

Warum man das Interesse an ihm dann verliert, hat dann auch damit zu tun, dass er sein sexuelles Wesen nicht mehr lebt. Biologisch gesehen ist ein Mann halt eine Samenschleuder. Möglichst oft. Möglichst viel. Und wenn man es nicht schafft, gemeinsam auf eine andere sexuelle Ebene zu kommen, dann wird dies auch so bleiben. Oder die Beziehung verwandelt sich in eine tiefe Partnerschaft, in der eben Sex dann nicht mehr so eine große Rolle spielt und andere Qualitäten überwiegen. Wenn das für beide passt, ist das ja auch okay. 

Und nicht zuletzt könnte man auch Wege finden, die Sexualität dadurch aufzufrischen, in dem man z.B. offene Beziehungsvarianten lebt. Auch das tut dann mancher Partnerschaft plötzlich gut und bringt Leidenschaft zurück. Ist natürlich ein Spiel mit dem Feuer. Aber oft einfach auch die letzte Chance.

Immer mehr Leute wollen sich nicht mehr festlegen und genießen die Freiheit wechselnder Partnerwahl. Ist die Monogamie ein Auslaufmodell bzw. was bedeutet „Deep-Diving“ und warum hast du dich nach all deinen Erfahrungen dafür entschieden?

In Tantraseminaren unterscheidet man oft zwischen „Free Floater“, das sind Paare, welche die Übungen mit wechselnden Partnern machen möchten, und „Deep Diver“, die eben in einer monogamen Beziehung „tiefer“ gehen möchten.

Ich persönlich sehe Monogamie aber überhaupt nicht als Auslaufmodell. Es gibt für alles den richtigen Zeitpunkt, grundsätzlich ist da nie etwas „absolut richtig“ oder „absolut falsch“. In einer monogamen Beziehung kann man eben tatsächlich viel tiefer gehen. Durch Liebe, Vertrautheit, und auch durch den Faktor Zeit Ebenen erreichen, sowohl energetisch als auch von der Verbindung her, die man als „Free Floater“ eben nicht erreichen kann, da man da meist eher an der Oberfläche bleibt. 

Beides ist aber wichtig. Um in einer monogamen Beziehung wirklich nochmal ganz andere Ebenen erfahren zu können als man es normalerweise kennt, ist es oft auch nötig, sich vorher ausgelebt zu haben, um sich überhaupt voll einlassen zu können. Dies trifft vor allem auf Männer zu, aber nicht nur. 

Die Emanzipationsrichtung versucht, Männer und Frauen gleichzubügeln. Wie wichtig ist das Verständnis für die Unterschiede zwischen Mann und Frau. Kommen Männer wirklich vom Planeten Mars und Frauen von der Venus? 

Vorweg, wir haben alle männliche und weibliche Anteile, in der tantrischen Sicht auch alle sowohl männliche als auch weibliche Energien. Der eine mehr, die andere weniger. Wie stark sich das dann nach außen hin zeigt, ist individuell unterschiedlich, bei manchen Frauen sind die männlichen Anteile stärker, bei manchen Männern die weiblichen. 

Und ja, diese Anteile unterscheiden sich schon stark und ein Verständnis dafür wäre in Beziehungen natürlich wichtig.  Allein schon der Umgang mit Krisen ist ein ganz anderer, Männer gehen in die Höhle, bis sie „die Lösung“ gefunden haben. Frauen hingegen brauchen keine „Lösung“, sondern nur ein Zuhören und ein Raumgeben für ihren „emotionalen Ausdruck“.  

Beim tantrischen Sex geht es für den Mann dann vor allem darum „präsent“ zu sein, sich nicht zu verlieren. Den Raum zu halten. Die Frau „stehen“ zu können, und zwar auch emotional. Nicht einzuknicken. Da zu bleiben. (Das kann man gerne alles auch doppeldeutig verstehen). Und für die Frau geht es darum, sich völlig hinzugeben, ihre wilde Weiblichkeit zu leben und zu zeigen.

Wie unterscheidet sich die Sexualität eines erfolgsorientierten Mannes von einem Mann, der keinen Wert auf Erfolg legt? 

Ich würde da gern unterscheiden zwischen Männern, die Erfolg haben möchten, und jenen, die ihn auch wirklich haben.

Erstere sind eher Jäger. Hungrig. Durstig. Jung. Und dies zeigt sich auch in ihrer Sexualität. Es geht mehr ums Ergebnis, weniger um den Weg dorthin. Oft ist Frau hier als „Ergebnis“ dann vielleicht nur ein Häkchen auf einer Liste. Oder der „Erfolg“ spiegelt sich darin, dass der Mann die Frau zum Orgasmus bringen konnte. Das wäre zwar dann schon die „tantrischere“ Variante, dient aber dennoch eher seinem Ego und Selbstbild als „toller Hengst“.

Zweitere, also jene, die wirklich schon „im Erfolg leben“, sind dann ruhiger und können auch viel mehr selbst genießen. Sie haben keinen Stress mehr im Bett. Müssen nicht mehr „gut“ sein, brauchen keinen Applaus, um Selbstwert zu generieren. Sie kassieren einfach die Früchte. Und teilen sie auch.

Und letztlich jemand, der nie wirklich Erfolg suchte oder fand (und „Erfolg“ heißt ja nicht nur Geld, sondern auch Anerkennung und Selbstverwirklichung, in welcher Form auch immer): Da kann es gut sein, dass so ein Mann, so er überhaupt an Sex Interesse hat, diesen eher passiv angeht (auch energetisch), weil er dankbar ist, dass er überhaupt ran darf.

Wobei es natürlich ein ur-männliches Bedürfnis ist, „Erfolg zu haben“. Es entspringt dem Sperma, welches als Erstes am Ziel ankommen möchte. Fehlt dieses Bedürfnis, dann fehlt meist auch diese Art von männlicher Energie.

Warum sehnen sich Männer nach jungen Frauen und was kann eine ältere Frau machen, um weiterhin sexuell interessant zu bleiben?

Liebe Margarita, das ist eine gefährliche Frage. Natürlich kann es da viele Gründe geben. Allein schon biologische, unbewusste, wie z.B. der Fortpflanzungstrieb. Ich habe tatsächlich sogar einen älteren Bekannten, der offen zugibt, Sex nur mit Frauen im „gebärfähigen Alter“ haben zu können. Und das ist gar nicht mal ein oberflächlicher Mensch, sondern jemand, der seine Sexualität auch sehr tief erforscht hat.

Ein weitere Grund ist die frische und aktive Energie, die jüngere Frauen in die Beziehung bringen und im Mann dann noch ein bisschen jugendliche Gefühle erzeugen.

Eine ältere Frau sollte aus meiner Sicht dasselbe tun: Sie hat ja auch viel zu geben, auch an sexueller Erfahrung und es spricht heute auch nichts mehr dagegen in der Gesellschaft, wenn auch sie sich einen Jüngeren sucht.

Zwanghaft für einen bestimmten Mann „sexuell interessant“ zu bleiben, obwohl er sich innerlich nach etwas anderem sehnt, halte ich für vergebene Liebesmüh und auch für entwürdigend für die Frau. Besser wäre es, zu versuchen, rechtzeitig gemeinsam eine Tiefe zu erreichen, die dem Mann dann eben auch mehr gibt und ihn tiefer befriedigt, als es eine junge Frau je könnte. 

Kann man einen Mann zur Treue bewegen, wenn er schon jahrelang fremdgeht?

Eine neue Frau könnte das. In einer Beziehung, in der dies schon jahrelang geschieht, sehe ich diese Möglichkeit nicht. Außer man kettet ihn an.

Scherz beiseite: Es gibt natürlich Paare, die konnten u.a. durch Tantra wieder frischen Wind in ihre Beziehung bringen. Und wenn dabei dann die von mir oft angesprochene „Tiefe“ erreicht wird, Erfahrungen der gemeinsamen Einswerdung mit Körper, Geist und Seele – dann könnte er das Interesse an „leidenschaftlichen Abenteuern“ verlieren, denn sehr oft schaffen die am Ende ja dann doch nur Leiden.

MARGARITA GAVRIELOVA (37) IM PORTRÄT
Mein Name ist Margarita Gavrielova – und obwohl sich bei mir alles um das Thema Liebe, Beziehungen und Selbstbewusstsein dreht, bin ich kein klassischer Love Coach. Ich werde euch also nicht erklären, wie ihr zu einem Partner oder einem schnellen Abenteuer kommt, denn dazu gibt es unzählige Experten, Bücher, Kurse und Social Media-Seiten.
Ich richte mich vor allem an Frauen, die Männer nicht nur schnell von sich begeistern wollen, weil das ist heutzutage über Instagram und Tinder relativ leicht, sondern die von Männern dauerhaft Aufmerksamkeit und Wertschätzung bekommen wollen. Denn nur Aussehen, Intelligenz, Erfolg oder Fürsorge, ja sogar Sex, sind noch lange keine Garantie dafür.
Ich habe vor mehr als 10 Jahren begonnen, intensiv zu forschen, was denn nun die eigentlichen Kriterien zwischen Mann und Frau sind. Die, die wirklich zählen. Und um diese zu finden, muss man den ausgetrampelten Weg der westlichen Schulpsychologie verlassen und sich mit östlichen Energielehren wie dem Yin Yang, welches die genauen Zusammenhänge zwischen weiblicher und männlicher Energie erklärt, beschäftigen.
Erst seit diesem Studium begann mir klar zu werden, was ich selbst in meiner Vergangenheit schmerzlich falsch machte und warum manche Dinge entweder nicht funktionierten oder oftmals sogar ein gegensätzliches Ergebnis erzeugten. Und das will ich jetzt an meine Leser weitergeben. Also, egal wo ihr derzeit steht, ob Single oder in einer Beziehung, meine Kolumnen sollen euch Denkanstöße geben – und aus der einen oder anderen Liebeskrise wieder herauskatapultieren. Darauf freue ich mich schon sehr!