Für Landeshauptmann-Stellvertreter Ingrid Felipe (Grüne) ist die Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan vorbei. „Man müsse sich auf internationale Experten verlassen“, meint sie und sieht – entgegen der Meinung des Koalitionspartners ÖVP – ein generelles Abschiebeverbot als logische Konsequenz eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Rückführungen "letztklassig"

Frauen und Mädchen jetzt nach Afghanistan zurückzuschieben, wo die Taliban immer mehr Gebiete für sich reklamieren würden, befand Felipe jedenfalls als „letztklassig“. Dass Abschiebungen generell eine rote Koalitions-Linie darstellen, verneinte die Grünen-Politikerin aber indirekt. Diese seien im Regierungsübereinkommen definiert. „Da steht zwar aus meiner persönlichen Warte viel zu wenig drinnen in Sachen Verbesserung. Aber es steht definitiv drinnen, dass nichts schlechter werden darf“.

"2015 darf sich nicht wiederholen"

Brisant: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte im Interview mit eXXpressTV klar: „“Wir werden auch weiterhin Abschiebungen nach Afghanistan durchführen.” “Abschiebungen sind grundsätzlich möglich und werden auch weiterhin durchgeführt”, erklärte er im Interview mit eXXpress-Herausgeberin Eva Schütz angesichts einer Einzelfall-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die am Dienstagabend in letzter Minute eine Abschiebung von bereits verurteilten Flüchtlingen nach Kabul unterbunden hatte. Und Kurz betonte weiter: „So eine Situation wie 2015 darf sich nicht mehr wiederholen.“ Es muss klar sein, dass eine Flucht nicht mehr automatisch ein Ticket nach Europa bedeutet. Kurz: „Wir müssen extrem wachsam sein und wir dürfen keinesfalls dem Druck der Politik der offenen Grenzen nachgeben.“

Sebastian Kurz in eXXpressTV-Interview

eXXpress-Herausgeberin Eva Schütz in Talk mit Bundeskanzler Sebastian KurzeXXpressTV

Im Asylbereich geschehe zu wenig

Ablehnend stand Felipe auch der Forderung des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ) gegenüber, Asylzentren außerhalb Europas zu errichten. Im Hinblick auf “die Genfer Flüchtlingskonvention und unsere geschichtliche Verantwortung” gehe es schlichtweg nicht, Geflüchteten zu verbieten, europäischen Boden zu betreten. Grundsätzlich geschehe im Asyl- und Migrationsbereich “viel zu wenig”, bemängelte die Landeshauptmannstellvertreterin, “aber manchmal ist das Regieren im Widerstand, das Verhindern von Schlimmerem auch schon sehr wertvoll”.

"Aussetzungen stehen nicht zur Debatte"

Das Thema hatte am Freitag zudem zu diplomatischen Spannungen zwischen Österreich und Afghanistan geführt. Nachdem die afghanische Botschafterin, Manizha Bakhtari, in einem Interview um die Verlängerung des Abschiebestopps für afghanische Asylwerber mit negativem Bescheid über den Oktober hinaus gebeten hatte, wurde sie in das Wiener Außenministerium einbestellt.

Dort wurde ihr dargelegt, dass eine „Aussetzung von Abschiebungen nicht zur Debatte stehe“, wie eine Sprecherin des von Alexander Schallenberg (ÖVP) geführten Ministeriums festhielt.

"Aussetzungen stehen nicht zur Debatte"