Niemand wünscht eine Rückkehr der Rekordinflation. Deshalb belässt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins weiterhin konstant auf hohem Niveau von 4,5 Prozent und leitete keine Zinswende ein. Ab wann der Leitzins wieder sinken soll, das verriet die EZB ebenfalls nicht. Andererseits soll die Wirtschaft nicht abgewürgt werden. Deshalb ist mit weiteren Zinsanhebungen nicht zu rechnen. Die Märkte haben darauf positiv reagiert. Sie hatten mit diesem Schritt gerechnet.

Der DAX stand zuvor im Tagestief bei 16.785 Punkten. Nach dem Zinsentscheid hob er wieder ab und schloss bei 16.906 Punkten sogar mit einem Plus von 0,1 Prozent.

Lagarde: „Werden mehr im April, Mai wissen“

Die EZB beließ ebenso den für den Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Es sei noch „zu früh“, um über Zinssenkungen zu sprechen, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei einer Pressekonferenz. Künftig Zinssenkungen würden sich an Daten und nicht am Kalender orientieren. Man sei aber auf einem guten Weg, die Inflation im Euro-Raum auf zwei Prozent zurückzubringen. „Wir werden wahrscheinlich viel mehr im April, Mai wissen“, sagte Lagarde jüngst am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.

Lob erhält die EZB für ihre jetzige Geldpolitik von der Wiener Denkfabrik Agenda Austria. „Die EZB hat sich heute entschieden, eine Zinspause einzulegen. Das ist gut, denn die Inflation ist immer noch nicht besiegt. Geht man zu früh von der Bremse, könnte sie sogar wieder aufflammen“, heißt es von dort. Der stellvertretende Agenda-Austria-Direktor Hanno Lorenz unterstreicht: „Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass zu frühe Zinssenkungen die Inflation wieder befeuern und die Mühen der vergangenen Monate zunichte machen können.“

Hanno Lorenz (Bild, Agenda Austria) begrüßt jüngste Entscheidung der EZB

Die Agenda verweist auf eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF), die das „eindrucksvoll“ gezeigt habe anhand von mehr als 100 Inflationskrisen der vergangenen fünf Jahrzehnte. Ein wichtiger Indikator für die Inflation in den kommenden Monaten seien vor allem die Lohndaten, „da Löhne eine große Rolle im Dienstleistungsbereich spielen, der bei Preissteigerungen hartnäckiger ist als andere Sektoren.“