Nach dem Interview mit CDU-Politiker Daniel Günther (50) über die AfD, bekennt auch der Journalist Daniel Gräber (43): „Ich war ziemlich erstaunt über sein Demokratieverständnis.“ Der Ressortleiter des Magazins Cicero hatte den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein auf die wachsenden Zustimmung für die rechte Oppositionspartei AfD in ostdeutschen Ländern angesprochen, wo sie mittlerweile die CDU überholt. Seine Antwort überraschte Gräber und provozierte mehrere Nachfragen.

Der Ministerpräsident fordert, „dass wir jetzt als Demokratinnen und Demokraten unsere Verantwortung wahrnehmen und den Kurs gegenüber der AfD verändern.“ Und dann wörtlich: „Wir haben viel zu lange akzeptiert, dass ein nicht unerheblicher Teil unserer Bevölkerung mit der Wahl der AfD ihren Protest zum Ausdruck bringen möchte.“ Ein wenig später wiederholte der CDU-Politiker diese Aussage nochmals: „Wir dürfen nicht tolerieren, dass Menschen aus Protest eine solche Partei wählen“.

Daniel Günther ist seit 2017 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein.APA/AFP/Adam BERRY

Gräber: „Große Teil der AfD wollen unsere Demokratie beseitigen“

Gräbers Begründung: Die AfD sei „gefährlich in ihren Strukturen, große Teile der AfD wollen unsere Demokratie beseitigen.“ Er „habe daher große Sympathien für ein Verbotsverfahren“, das müsse vom Bund „sorgsam vorbereitet werden.“ Eine „wehrhafte Demokratie“ bedeute schließlich auch, „dass man Parteien, die verfassungsfeindlich sind, mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpft.“

Das wollte Cicero-Redakteur Gräber so nicht stehen lassen: „Ist es demokratisch, wenn Regierungsparteien eine Oppositionspartei verbieten wollen, die in manchen Bundesländern laut Wahlumfragen auf über 30 Prozent kommt?“ Die Antwort: „Wenn sich eine Partei verfassungsfeindlich orientiert, wenn sie extremistisch ist und damit unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt und diese Haltung aktiv-kämpferisch umsetzen will, halte ich eine Debatte über ein Verbotsverfahren für richtig.“

Günther (l.) war 2017 CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im nördlichen Schleswig-Holstein. Im Bild mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.APA/AFP/John MACDOUGALL
Daniel Günther (r.) und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz (r.) stellten sich am 9. Mai 2022, einen Tag nach der Landtagswahl, den Medien.APA/AFP/Tobias SCHWARZ

Man müsse verhindern, dass gegen AfD keine Regierung gebildet kann

Zuvor habe das Bundesverfassungsgericht zum Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme und teils neonazistische NPD kritisch angemerkt: Weil sie so wenig Stimmen erhalte, könnte sie ihre Vorstellungen ohnehin nicht umsetzen. „Dies ist bei der AfD anders, denn sie hat im Moment das Potenzial, bei ostdeutschen Landtagswahlen in die Nähe einer absoluten Mehrheit zu kommen und dafür zu sorgen, dass gegen sie keine Regierung gebildet werden kann. Daher halte ich den Zeitpunkt für absolut richtig“.

Auf die Frage, ob sich das politisch durchsetzen lasse, und ob dann nicht „Bürgerkrieg in Sachsen und Thüringen“ drohe, entgegnet Daniel Günther: „Das sehe ich nicht, sondern vielmehr, dass es gut wäre, wenn Klarheit herrscht.“ Nun, im Jahr 2024 müsse sich die Gangart „in Deutschland fundamental verändern“.

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