War es tatsächlich das Motiv oder handelt es sich um eine reine Schutzbehauptung? Es ist die zentrale Frage im Prozess um den Mord an einem Pensionisten aus dem kleinen Geretsberg. Der angeklagte Slowake Paul S., der von Freunden als liebenswürdig und hilfsbereit beschrieben wird, arbeitete als Pflegerin im Haushalt des späteren Opfers. Er fühlte sich seit längerem als Transgender, verkehrte in der LGBTQ-Szene in Wien und bezeichnete sich selbst als Frau. Auf seinen Profilen in den sozialen Netzwerken scheint er mal als Mann, mal als Frau auf.

Genau deshalb soll ihn der Pensionist gehänselt und auch beleidigt haben. Behauptet zumindest der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft sieht dies als reine Schutzbehauptung, weil das spätere Opfer ihrer Ansicht nach gar nicht gewusst habe, dass der Pfleger als Frau gesehen werden wollte.

Trotz Vollrausches laut Gutachter zurechnungsfähig

Am Tattag jedenfalls war der Pfleger sturzbetrunken, nach eigenen Angaben hatte er eine Flasche Wein geleert. Nach seiner Festnahme wurden bei ihm drei Promille Alkohol im Blut gemessen. In diesem Zustand soll Paul S. mehrfach mit einem Messer auf den Kopf, den Oberkörper und den Bauch des Pensionisten eingestochen haben. Der 82-Jährige verblutete noch in seiner Wohnung. Der Pfleger selbst war es, der die Angehörigen des Mordopfers alarmierte.

Laut Gutachten war der Angeklagte trotz seines Vollrausches zurechnungsfähig. Ihm droht im Falle einer Verurteilung lebenslange Haft – in einem Männergefängnis. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Tatortermittler vor dem Haus des Opfers in Geretsberg.