
Plagiatsprüferin: "Zadić hat Zitate in ihrer Doktorarbeit bewusst verschleiert"
Katharina Renner spricht mit dem eXXpress über die 85 nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Zitate in der Arbeit der Justizministerin. Zadić dürfte Zitate gezielt verschleiert haben. Was Renner stutzig machte: Die Dissertation konnte nicht mit der Plagiatssoftware der Uni Wien untersucht werden – sie war gesperrt. Zadić bestreitet die Vorwürfe. Die Prüferin widerspricht auch hier.

Was hat Sie dazu veranlasst, die Doktorarbeit von Justizministerin Alma Zadić zu untersuchen?
Zunächst wurde ich einfach neugierig, weil ich Ausdrucksschwierigkeiten der Justizministerin bei manchen Pressekonferenzen beobachtet habe. Doch als ich ihre online zugängliche Dissertation mit Turnitin, der Plagiatssoftware der Universität Wien, untersuchen wollte, passierte etwas Erstaunliches: Ihre Arbeit war gesperrt. Das hatte ich bei anderen Arbeiten an der Uni Wien noch nie erlebt. Normalerweise kann man jede akademische Abschlussarbeit an der Uni Wien mit Turnutin auf Plagiate testen. Dieses Mal klappte es nicht. Das machte mich stutzig. Immerhin könnte dahinter ein Vorsatz stehen.
"Die zweitschlechteste Arbeit, die ich studiert habe"
Was haben Sie daraufhin getan?
Ich habe die Arbeit nach einigen missglückten Versuchen schließlich mit einer anderen Software überprüft und danach nochmals genau untersucht. Das Ergebnis: Alma Zadić hat 85 Textpassagen falsch zitiert.
Wie haben Sie auf dieses Ergebnis reagiert?
Ich war entsetzt, vor allem aufgrund der Häufigkeit der nicht korrekt gekennzeichneten Zitate. Wegen lediglich einer nicht genannten Quelle regt sich ja keiner auf. Wir sprechen im übrigen von der Justizministerin, und die sollte wirklich integer sein. Ihr untersteht die Staatsanwaltschaft als weisungsgebundene Behörde. Im Dezember 2020 hatte ich schon einmal eine katastrophale Diplomarbeit untersucht. Die Dissertation von Frau Zadić ist die zweitschlechteste Arbeit, die ich seither studiert habe. In keiner anderen wissenschaftlichen Arbeit, mit der ich mich im vergangenen Jahr befasst habe, wird so häufig so unkorrekt zitiert.
22 Mal wurde die falsche Quelle angegeben
Ihre Studie enthält am Ende eine ausführliche Tabelle. Bei 39 Textstellen hat Zadić zwar die richtige Quelle genannt, das Zitat aber nicht unter Anführungszeichen gesetzt, sprich: abgeschrieben, ohne das auch zu kennzeichnen. Und bei den übrigen 46 Textpassagen?
Bei allen 85 Stellen, die ich ausfindig gemacht habe, fehlen die Anführungsstriche. 23 Mal hat Zadić darüber hinaus die falschen Seitenzahlen angegeben. Darin mag man Schlamperei sehen – oder Verschleierung: Wer in den Quellen nachsieht, stößt dann nicht auf die richtige Textstelle, die Zadić eigentlich übernommen hat.
Einmal hat Alma Zadić ein Zitat nicht gekennzeichnet und auch keine Quelle genannt. Manches Mal findet man die entsprechende Quelle nur im Literaturverzeichnis. 22 Mal hat Frau Zadić eine falsche Quelle angegeben. So war etwa mehrmals eine Arbeit von Keren Michaeli ihre eigentliche Quelle. Nur das hat sie verschleiert. Sie hat stattdessen jene Literatur als Quelle angegeben, die Michaeli selbst erwähnt. Sie hat dabei immer seine Formulierungen übernommen.
Das war eine bewusste Verschleierung?
Definitiv. So etwas kann einem nicht passieren. Man kann ja nicht permanent zufälligerweise dieselben Formulierungen eines anderen Autors übernehmen. Die Wahrscheinlichkeit geht gegen null. Das ist eine beliebte Taktik, um Plagiate zu verschleiern.
Justizministerin Zadić hat die Vorwürfe mittlerweile zurückgewiesen. Ihre Dissertation folge streng den Zitierregeln des Harvard Bluebooks und entspreche damit international anerkannten wissenschaftlichen Standards.
Die Zitierweise der Justizministerin genügt gerade nicht den Standards des Havard Bluebooks, denn dieses sieht im Gegenteil ausdrücklich die Kennzeichnung von Zitaten vor (siehe Bild unten). Die ausgeforschten Stellen wurden im übrigen mit den Papers verglichen und kontrolliert, Fehler des Plagiatsprogrammes können somit ausgeschlossen werden.

Katharina Renner, Jahrgang 1984, studierte zunächst Maschinenbau an der TU Wien und war dann in der Gebäudetechnik tätig. Der Plagiatsprüfung wandte sie sich erst zu, als sie eher zufällig mit einer besonders schlechten Diplomarbeit einer psychologischen Gerichtsgutachterin konfrontiert war, die überfüllt mit Plagiaten war. Renner hat mehrere wissenschaftliche Abschlussarbeiten in der Zwischenzeit geprüft, neben Aufträgen waren darunter auch freiwillige Privatrecherchen wie im Falle von Zadić, deren Ergebnisse sie dann dem bekannten Plagiatsprüfer Stefan Weber vorgelegt hat.
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Kommentare
„In der Gebäudetechnik tätig“ – lasst mich raten: Die Kaffeeküche wischen?
Hat der ORF in der ZIB 1 über diese Vorwürfe berichtet?
Habe heute weder in “Kurier” noch in “Krone ” etwas darüber gelesen. Unglaublich!
Nehammer, Mückstein bitte um Untersuchung
Wenn Frau Renner eine Doktorarbeit bewerten kann, dann kann jeder, der schon mal ein Pflaster aufgeklebt hat, sich als Arzt bezeichnen, jeder, der schon mal einen Wasserhahn montierte, sich Installateur nennen …
Glaubwürdigkeit schaut anders aus.
Herr. Grau, und Sie sind prädestiniert das zu beurteilen, weil…?
Van der Bellen muss von sich tätig werden + Rede, so sind wir nicht. Aber warum hab ich das Gefühl das er das nicht tun wird. Ach ja, sie ist ja von den Grünen.
Sie soll sofort zurücktreten bis alles erwiesen ist
Strache ist wegen weniger zurückgetreten!
…und heult heute noch herum deswegen, dass er das besser nicht getan hätte…
Bis JETZT kein Sterbenswort in der KRONE, STANDARD und HEUTE….
Die halten frech den Deckel drauf….
(… aber dafür bettelt STANDARD auf der Startseite um “Unterstützung”….)
@Tom: ich muss auch immer schmunzeln, wenn ich zu dem Teil beim Standard komme, wo für Unterstützung für Qualitätsjournalismus gebeten wird … Haha, Qualitätsjournalismus unterstütze ich gerne, aber der ist ja beim Standard nicht zu finden!
Was ist eigentlich mit Kogler, ist der total abgetaucht?
Vielleicht ist der Grüne Veltliner aus der Steiermark auf Entzug😉 Abgehen tut er ohnehin nicht.
ist soooo müüüüüde…..
Der kniet gerade im Krone-Haus auf der Fußmatte und bettelt um “NICHT Veröffentlichung” 🙂
@Tom: genau und bisher erfolgreich. Interessanterweise ist jetzt Standard “umgefallen”, berichtet aber sehr beschwichtigend/relativierend. Wer die Methodik hinter den Vorkommnissen der beiden letzten Jahre nicht durchschaut, dem ist nicht mehr zu helfen …