Nach dem Scheitern von Blau-Schwarz ringt Georg Knill, Präsident der Industriellen-Vereinigung (IV), um Worte. „Ich bin entsetzt! Mir fehlen die Attribute für meinen Gemütszustand“.

„Nur Machtspiele!“ – Scharfe Kritik an der ÖVP

Innerhalb von fünf Monaten ist die Regierungsbildung geplatzt, für Knill aber aus völlig unverständlichen Gründen: wegen der Machtverteilung. „Mich schockieren die Gründe, deretwegen die blau-türkisen Verhandlungen gescheitert sind – aufgrund einer Postendiskussion.“ Knill ortet gegenüber dem Kurier in Österreich „ein Politikversagen auf Bundesebene“.

Knill: „Ich habe kein Verständnis dafür und ich glaube, dass dieses Verhalten auch bei einem Großteil der Bevölkerung für Unverständnis sorgt. Es geht einzig und allein um machtpolitische Themen.“ Die Zuckerlkoalition aus ÖVP, SPÖ und Neos sei „wenigstens an den Inhalten gescheitert“.

Babler, Nehammer und Meinl-Reisinger (v.l.n.r.) sind zumindest „an den Inhalten gescheitert“, findet der IV-Chef.APA/HELMUT FOHRINGER

EU-Defizitverfahren droht – Wirtschaftsstandort in Gefahr

Dass FPÖ und ÖVP zunächst das EU-Defizitverfahren abwenden und sechs Milliarden einsparen wollten, sei „ein erster Meilenstein“ gewesen. Doch mit dem Scheitern der Koalitionsgespräche steht dieser Plan auf der Kippe. Jetzt droht das Defizitverfahren erst recht – der exxpress berichtete.

Damit rechnet auch Knill: „Wir haben Ende April das EU-Defizitverfahren wieder am Hals, wenn bis dahin weiter nichts gelöst wird. Nachdem es kein Anzeichen für eine intakte Regierung gibt, gehe ich davon aus, dass wir in ein EU-Defizit -Verfahren schlittern werden.“

Glaubwürdigkeitsproblem der ÖVP: „nicht staatstragend“

Besonders irritiert zeigt sich der Industrie-Chef über WKO-Präsident Harald Mahrers FPÖ-Kritik. Dieser hatte der Partei „Machtrausch“ vorgeworfen.

Knill: „Ich kann der Aussage Mahrers nichts abgewinnen. Diese oder eine ähnliche Ressortaufteilung wird die ÖVP in Zukunft nicht mehr so rasch haben. Der Volkspartei droht bei der nächsten Wahl Platz drei. Bei diesen Voraussetzungen von Machtrausch zu sprechen – das finde ich einigermaßen skurril.“

„Wer im Machtrausch ist, ist nicht regierungsfit“, hatte Harald Mahrer (Bild) von der Wirtschaftskammer kurz vor dem Ende der Verhandlungen in Richtung von FPÖ-Chef Herbert Kickl gesagt.APA/GEORG HOCHMUTH

Die Volkspartei habe an Glaubwürdigkeit verloren: „Ich frage mich, was die ÖVP von ihrer Zukunft erwartet, wenn sie jetzt zum zweiten Mal wegen unterschiedlicher Gründe Regierungsverhandlungen nicht abschließen konnte. Ich frage mich, was daran – wie bei allen anderen Parteien auch – noch staatstragend ist.“

2025 als verlorenes Jahr? Knill warnt vor Wohlstandsverlust

Er „gehe davon aus, dass 2025 als verlorenes Jahr abzuschreiben ist, da wir frühestens im Sommer eine Regierung haben werden.“ Österreichs wirtschaftliche Situation sei dramatisch: „Wir haben allein in den letzten drei Jahren jeden 15. Euro an der Wertschöpfung verloren. Das meine ich, wenn ich von Deindustrialisierung spreche.“ Diese Entwicklung setze sich nun fort.

Die Alarmzeichen seien unübersehbar. Der Industrie-Chef warnt vor weitreichenden Schäden für den Lebensstandard der Österreicher durch das Scheitern der Koalitionsgespräche. „Wir werden es mit einem noch massiveren Wohlstandsverlust in diesem Land zu tun haben. Alle Sirenen müssen aufheulen, alle roten Lichter leuchten. Ohne intakte Regierung haben wir mit den gleichen Themen zu kämpfen wie vor einem Jahr und fallen weiter zurück. Denn die Preisspirale wird sich weiterdrehen. Die Lohnstückkosten sind weiter viel zu hoch und schaden unserer Wettbewerbsfähigkeit.“

Für Neuwahlen, gegen Expertenregierung und Ampel

Bezüglich einer Expertenregierung ist Georg Knill „sehr skeptisch, ob das das Richtige für Österreich ist“, schließlich könne sich Österreich zurzeit „keine ausschließliche Verwaltungsregierung leisten, die nur den Status Quo erhält“. Ebenso wenig befürwortet er aber eine nochmalige Verhandlung von ÖVP, SPÖ und Neos, wie er unterstreicht, denn: „Bis auf die Spitze der ÖVP hat sich an dieser Konstellation nichts geändert.“

Bei einer fortgesetzten Bereitschaft der Parteien, Verantwortung zu tragen, denkt der Industrie-Chef, dass „der Souverän das letzte Votum im Mai verifizieren“ muss: „Jeder Tag, der so weitergeht, der ohne notwendige Reformen vergeht, kostet uns 15 Millionen Euro. Das sind vergeudete Opportunitätskosten. Wir müssen den Wirtschaftsstandort und den Wohlstand sichern, stattdessen vergeuden wir das ohnehin kaum vorhandene Wachstumspotenzial von 0,6 Prozent für das heurige Jahr. Wir haben es mittlerweile aus ideologischen Gründen mit Stillstandsparteien zu tun. Das ist unverantwortlich.“

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Kommentare

  • Gastleser sagt:

    Da sollte man sich an Merz und Weber halten. Die meinen offenbar in Österreich mit zubestimmen

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    1. Bushranger sagt:

      Machen sie ja ohnehin.

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  • pussyriot-fotzenschleimpower-pudertanzallergie sagt:

    Das einzig richtige wäre neue Verhandlungen zwischen FPÖ und der ÖVP. Natürlich ohne Stocker und seinen Getreuen. Das würde garantiert bestens funktionieren Alles andere wäre nur Blödsinn.

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    1. Bob sagt:

      Der Stocker ist doch auch nur eine Marionette, hinter diesem (anscheinend gezielten) Sabotieren aller möglichen Koalitionen stecken mit Sicherheit ganz andere Leute. Bleibt die Frage, wer und warum unser schönes Land damit so beschädigen möchte, aber vielleicht wissen das ja die “vorgesetzten” Personen, welche die ÖVP finanzieren und die Marionetten dirigieren. Profitieren kann letztlich nur die FPÖ von diesem traurigen Spiel.

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  • Herbert K. sagt:

    Herr Knill bekam noch am selben Tag von den schwarzen Paten eine Kopfwäsche und musste sogleich seine Aussagen relativieren und abschwächen. So geht Politik. Schuld sind immer die Wähler, sie erkennen leider die Gefahren nicht, oder eben immer viel zu spät…..

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  • Wiena Krätzn sagt:

    Betrifft Jan und wurde hier absichtlich falsch als Antwort unter Berthold gereiht.

    1. Wiena Krätzn sagt:

      Heute ist wieder die grüne Ursula am Werk.

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  • Gerd Soldierer sagt:

    tja, Knill – bist recht spät dran – es ist alles gelaufen, da gibts nichts mehr zu retten, its over

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  • Österreichs Wirtschaft … sagt:

    … geht den B.ac.h ru.nter – rec.ht so! Denn anders wird es die ÖVP nicht verstehen!

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  • Ferdl sagt:

    Wieso verlangt der Herr Neuwahlen? Er ist gegen Ampel zuckerl oder SPÖ Regierung.

    Also will er eh nur ÖVP und FPÖ. Mit einer Neuwahl würde sich nichts ändern, es müssten trotzdem ÖVP und FPÖ verhandeln. Folglich raugeschmissenes Steuergeld diese Forderung.

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    1. WehrtEuchEndlich sagt:

      @Ferdl: Bitte erspare uns diese gehirngewaschene Links-Linke Logik der andauernden Alternativlosigkeit zum fortgesetzten Schaden unseres Landes. Natürlich würden Neuwahlen etwas ändern, wenn die Betriebsblinde ÖVP endlich unter 20% sinkt und deren aktuelle Polit-Gaukler von der Wut der Bevölkerung hinweggespült würden. Die ÖVP wäre danach bestimmt einsichtiger und dankbar, wenn sie von Herbert Kickl (mit ca. 35%) noch 2-3 Ministerien erhalten könnte.

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      1. Ferdl's Frau sagt:

        Haltst scho wieder deine berühmten Volksreden im Wirtshaus ?? Kumm ham, des Frühstück steht am Tisch…. 🙂

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  • Erich sagt:

    Mahrer, Fischler, Karas usw. genießen ihre Einkünfte und Macht nur durch ihre Partei. Sie schaden mit ihren Machtansprüchen Österreich

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  • Jan sagt:

    Ich bin eher über die Einmischung von Knill in die Polituk „entsetzt!“ Dass der Knill mit der ÖVP abrechnet, ist sein Kaffee, der Knill kann sagen, was er will und die Linken sind derzeit gegen Neuwahlen, weil Neuwahlen eine Koalition mit der FPÖ unter einem Kanzler Kickl bringen täten und genau das wollen wir aber nicht, Basta!

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    1. Realist sagt:

      Sehr demokratisch….naja zu euch linken passt das Zitat von Iganzio Silone. 🤦‍♂️

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      1. Don sagt:

        Und, nicht zu vergessen, zu den Linken passena uch mehrere Zitate on Sylvester Stalone, speziell in Rambo und Rocky!

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        1. Bertbrecht sagt:

          Herr Knill ist leider machtlos gegen das Linkstum in der Wirtsoftsbadei.

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  • VoKaki sagt:

    Die Industriellenvereinigung würde am liebsten alle Arbeitnehmerrechte abschaffen und die 41-Stundenwoche einführen. Das wundert mich nicht, dass sie sich an die FPÖ anbiedern.

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    1. Drum.... sagt:

      …bist du ja auch ein VollKaki , gell.. !? 🙂

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      1. VollKaki sagt:

        @Drum….
        Ich bin hier der VollKaki

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        1. Ferdinand sagt:

          in ein paar Jahren werde viele froh sein wenn sie 30 Stunden arbeiten dürfen, weil in vielen unternehmen die Arbeit nicht mehr da sein wird.

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