Das verdächtige E-Mail: Hat das Kanzleramt unter Werner Faymann SPÖ-Meinungsumfragen finanziert?
Das Bundeskanzleramt unter Werner Faymann (SPÖ) soll parteipolitische Umfragen im Interesse der SPÖ beauftragt und finanziert haben. Deshalb ermittelte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), nun stellte sie das Verfahren ein. Ein E-Mail der damaligen Geschäftsführerin Laura Rudas wirft bis heute Fragen auf.
Im Jahr 2010 beauftragte der damalige Bundeskanzler Werner Fayman (SPÖ) Meinungsforscherin Sophie Karmasin mit der Durchführung einer Umfrage zum Thema „Gerechte Steuern 2010″. Die Kosten: 30.240 Euro. Soweit, so normal. Nur: Darin fanden offenbar auch eine Sonntagsfrage und eine Kanzlerfrage Eingang. Umfragen mit solchen Fragestellungen sind von rein parteipolitischem Interesse. Deshalb werden sie von Parteien in Auftrag gegeben und finanziert, nicht vom Bundeskanzleramt mit den Geldern des Steuerzahlers.
Der Vorgang führte zu einer Anzeige und Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen eine Reihe von SPÖ-Politikern – die nun aber eingestellt wurden. Die wichtigste Begründung: „Im Zuge des Ermittlungsverfahrens“ hätten sich „keine konkreten Anhaltspunkte“ dafür gefunden, dass entsprechende Umfragen von SPÖ-Ministerin beauftragt und aus öffentlichen Geldern finanziert worden sind, wie die WKStA gegenüber dem eXXpress erklärt.
Bis heute wirft allerdings ein verdächtiges E-Mail aus dem Jahr 2010 von Laura Rudas, der damaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführerin, schwerwiegende Fragen auf. Darin kam Rudas offenbar den „Bitten“ von Josef Ostermayer, dem damaligen Staatssekretär im Bundeskanzleramt, nach. Beide Personen galten als Intimus von Kanzler Faymann. Gegen beide hatte auch die WKStA ermittelt.
„Hauptsächlich oder ausschließlich parteipolitische Fragestellungen“
Der verdächtige E-Mailverkehr findet sich in einem Amtsvermerk der WKStA, aus dem kürzlich „Profil“ zitiert hat. Darin sah der zuständige Staatsanwalt „starke Hinweise auf Politumfragen der SPÖ über BKA“ – wobei „BKA“ für das Bundeskanzleramt steht. Meinungsforscherin Sophie Karmasin habe in den Jahren 2009 bis 2010 an den damaligen Staatssekretär im Kanzleramt, Josef Ostermayer, Angebote gerichtet, „die hauptsächlich oder ausschließlich parteipolitische Fragestellungen enthielten“.
Die ungeklärte Frage scheint zu sein, ob die von Karmasin vorgeschlagenen Studien tatsächlich vom Kanzleramt beauftragt und bezahlt worden sind. Nun, ein E-Mailverkehr dazu ist und bleibt verdächtig, denn er legt genau das nahe.
Fragen ohne Bezug zum Kanzleramt – wie mit Ostermayer „besprochen“
Am 30. Juli 2010 sandte ein Mitarbeiter im Kanzleramt einen Fragenkatalog an Karmasin. Es ging darin um „Gerechte Steuern“. Somit schien also alles mit rechten Dingen zuzugehen. Doch das war nichts alles.
Noch am selben Tag schrieb derselbe Mitarbeiter per Mail an die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Rudas: „Hallo Laura, Josef (Ostermayer, Anmerkung) bittet dich, wie besprochen, deine Fragen anzuhängen. Wir müssen die Batterie heute an Sophie Karmasin schicken.“ Am Nachmittag folgte das Antwortmail von Laura Rudas an das Kanzleramt mit neuen Fragen, darunter auch solchen „zu Parteipräferenzen, die inhaltlich nichts mit dem Kanzleramt zu tun haben“, schreibt „Profil“.
Unter diesen Fragen befanden sich etwa die Sonntagsfrage und die Kanzlerfrage, und eine skurril anmutende „Fieberkurven“-Frage, in der die Befragten den Parteien verschiedene Temperaturen („normal“, „erhöht“, „niedrig“) zuordnen sollten. Der Zusammenhang mit dem eigentlichen Thema – „gerechte Steuern“ – ist nicht erkennbar. Doch das alles wurde – wie gewünscht – von Karmasin berücksichtigt, wie sich zeigt.
Wünsche wurden von Karmasin erfüllt
Die Meinungsforscherin sandte den finalen Vorschlag samt Kosten – 25.200 Euro ohne Umsatzsteuer – mit dem Titel „Gerechte Steuern 2010“ an die Präsidialsektion des Kanzleramts; „wie mit Herrn Staatssekretär Dr. Ostermayer besprochen“, erklärte sie dazu. Die genannten Fragen fanden Eingang in den Fragenblock „Wahrnehmung der Parteien“, was den Ermittlern sehr verdächtig vorkam. Sie fanden in dem Fragebogen die von Rudas „genannten Themen erkennbar wieder“, heißt es im Amtsvermerk. Fazit: Somit wurden „die Fragen von Mag. Rudas bzw. der SPÖ abgearbeitet“.
Nun könnte es theoretisch sein, dass das Kanzleramt diese SPÖ-spezifischen Fragen nicht selbst mit öffentlichen Geldern finanziert hat, sondern sie der SPÖ verrechnet hat. Das ist aber den zuständigen WKSTA-Ermittlern zufolge „nicht ersichtlich, aber … höchst fraglich“.
Die Antwort der WKStA gegenüber dem eXXpress
Gegenüber dem eXXpress hält die WKStA fest: „Im Hinblick auf den möglichen Tatzeitraum ist zu diesen Vorwürfen bereits im Jahr 2015 Verjährung eingetreten.“ Zum Vorwurf, dass SPÖ-geführte Ministerien Umfragen beauftragt und aus öffentlichen Geldern bezahlt haben, erklärt die Leiterin der Medienstelle der WKStA, Elisabeth Täubl, weiters: „Dazu fanden sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens keine konkreten Anhaltspunkte für eine Bezahlung der Studien/Umfragen aus öffentlichen Geldern und keine hinreichenden Indizien für eine (strafgesetzwidrige) Verknüpfung mit Inseraten von öffentlichen Stellen.“
Kommentare