Estland ändert seinen Kurs – mit klaren Folgen für die russischsprachige Minderheit im Land. Präsident Alar Karis hat eine Verfassungsänderung unterzeichnet, die das kommunale Wahlrecht für Drittstaatsangehörige streicht. Betroffen sind unter anderem rund 80.000 in Estland lebende Russen.

Bislang konnten auch Nicht-EU-Bürger bei Gemeindewahlen mitstimmen, sofern sie dauerhaft in Estland lebten. Das ist nun vorbei. Laut Präsidialamt soll die Reform „die Einheit der estnischen Gesellschaft“ sichern. Ausgeschlossen fühlen solle sich dennoch niemand – es gehe nicht darum, Menschen pauschal als Sicherheitsrisiko einzustufen.

Estlands Präsident Alar Karis (Bild) spricht bei den Vereinten Nationen in New York. APA/AFP/ANGELA WEISS

Auch Kirche im Visier

Parallel verschärft Estland das Religionsrecht: Orthodoxe Gemeinden dürfen künftig keine organisatorische oder spirituelle Bindung mehr zu Institutionen außerhalb der EU haben – sofern von diesen eine Bedrohung ausgehe. Im Fokus steht vor allem die russisch-orthodoxe Kirche, die offiziell dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. untersteht.

Die Kirche in Estland, der mehr als 100.000 Menschen angehören, muss laut Gesetz nun sämtliche Bindungen zu Moskau kappen. Zwei Monate bleiben für die Abnabelung. Die Regierung spricht von einem notwendigen Schritt gegen russischen Einfluss – nachdem Kyrill mehrfach Putins Krieg gegen die Ukraine öffentlich unterstützt hatte.

Widerstand von der Opposition

Kritik kommt von zwei Oppositionsparteien, die von einem Angriff auf die Religionsfreiheit sprechen. Auch Vertreter der betroffenen Kirche wehren sich: Die Verbindung nach Moskau sei Teil der eigenen Identität, betonte etwa Bischof Daniel.

Metropolit Eugeni, russischer Staatsbürger und kirchliches Oberhaupt in Estland, musste das Land bereits im Februar verlassen – die Behörden verlängerten seine Aufenthaltsgenehmigung nicht.

Als Grund für die Maßnahmen gilt die Angst der estnischen Behörden vor Russlands Einfluss. Das Land – so die Befürchtung – könnte über die russischsprachige Minderheit und kirchliche Netzwerke destabilisiert werden.

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