Der Wahlkampf in Wien eskaliert komplett. Genauer: ÖVP und FPÖ beflegeln sich aufs Übelste. Wie Christian Stocker (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ) rund um die Nationalratswahl 2024 lassen sich nun auch die Spitzen der Wiener FPÖ und ÖVP gegenseitig Gemeinheiten via Presseaussendungen ausrichten. Die verbalen Schulbubenraufereien drehen sich stets um das Thema Migration und Asyl. Hier hoffen beide Stadtparteien, Stimmen aus dem gegnerischen Lager zu ‚erkämpfen’.

So hielt die ÖVP gestern der Truppe rund um FPÖ-Chef Dominik Nepp vor, in der türkischstämmigen Community auf „billigsten Stimmenfang” zu gehen, Die FPÖ hielt dagegen und bezeichnete ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer als „Afghanen-Mahrer”. Die Freiheitlichen beziehen sich dabei auf einen ‚Putsch’ der Floridsdorfer Volkspartei Anfang 2023, als Leonhard Wassiq mithilfe hunderter Migranten, die plötzlich in die Partei eintraten, zum Bezirksparteiobmann gewählt wurden. Mahrer hatte die Situation zum Entsetzen der Alteingesessenen nicht im Griff.

Um Schadensbegrenzung bemüht

Auch sonst läuft es für Mahrer nicht rund. Intern mit seinem steten Zick-Zack-Kurs – einmal in der harten Oppositionsrolle, dann wieder SPÖ-freundlich, da man gerne ins Rathaus als Vizebürgermeister einziehen möchte – und der aktuellen Wahlkampf-Strategie immer wieder infrage gestellt, wurde dem ehemaligen Vizepräsident der Landespolizeidirektion Wien im Februar auch noch eine Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Causa Wienwert zugestellt (siehe Screenshot).

Auf www.justiz.gv.at führt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Anklage gegen Karl Mahrer aus.www.justiz.gv.at/www.justiz.gv.at

Eine am Sonntag in der ‚Kronen’-Zeitung veröffentlichte Umfrage setzt der Wiener ÖVP zusätzlich zu. Von 20,4 Prozent stürzt die Stadtpartei auf knappe zehn Prozent hinunter, in einer fiktiven Direktwahl würden nur sieben Prozent der Wiener Karl Mahrer auf den Bürgermeistersessel wählen. Zum Vergleich: Dem amtierenden Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) würden laut der ‚Krone’ 53 Prozent ihre Stimme geben.

Nach außen hin demonstriert man Einigkeit bei der Wiener ÖVP.APA/ROLAND SCHLAGER

Nun ist man in der Wiener ÖVP mit einem harten Wahlkampf um Schadensbegrenzung bemüht – exxpress berichtete. Dabei hätte Mahrer ein Ass im Ärmel: die Bezirke.

Drei Wiener Bezirke – die Innere Stadt, Döbling und Hietzing – werden von einem türkisen Bezirksvorsteher regiert, Hietzing ist geradezu eine türkise bzw. schwarze Hochburg. Über 44 Prozent gaben bei der vergangenen Bezirksvertretungswahl (in Wien gibt es zwei Stimmzettel: einen für den Gemeinderat und einen für die Bezirksvertretung, Anm.) der Volkspartei ihre Stimme.

Oase in der Großstadt: Hietzing

Dementsprechend gelassen sieht man im Nobelbezirk auch der Wahl am 27. April entgegen – und auch der ÖVP-Wien gegenüber ist man gnädig. „Das Wahlergebnis wird besser als die Umfragen”, erklärt Gemeinderat Michael Gorlitzer, der für den Wahlkreis antritt und seinen Heimatbezirk somit im Gemeinderat vertritt, dem exxpress. Ähnlich sieht es der Hietziger Bezirksvorsteher Nikolaus Ebert und fügt analysierend hinzu, dass die erreichten zwanzig Prozent im Jahr 2020 dem Kurz-Hype zu verdanken waren.

Im Bezirk selbst agiert man auf Bezirksthemen fokussiert. Sicherheit, Grünraum – das Bauprojekt im Hörndlwald konnte Gorlitzer nach jahrelangem Kampf im Gemeinderat verhindern und eine Umwidmung auf Wald- und Wiesengürtel erreichen –, Schulsanierungen und der Neubau der Klinik Hietzing stehen im Vordergrund.

„Wir haben drei Krankenhäuser, das ist einzigartig in Wien. Auch für Schulsanierungen haben wir rechtzeitig gesorgt”, so Ebert und Gorlitzer ergänzt: „In anderen Bezirken ist das nicht so, in Floridsdorf gibt es Schulen, in die es reinregnet.”

Schwarze Hochburg Hietzing: VP-Bezirksvorsteher Nikolaus Ebert (l.) und ÖVP-Gemeinderat Michael Gorlitzer (r.).ÖVP/ÖVP Hietzing

Auch die Sicherheit stand stets im Fokus, Probleme mit gewaltbereiten Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund kennt man in Hietzing nur aus Berichten von anderen Bezirken.

„Altes erhalten, Neues gestalten”, lautet das Motto von Bezirkschef Ebert. Zu Neuem zählt der Wunsch des Bezirks nach einem Schulcampus, unter „Altes erhalten” zählen die rund 2.000 Bäume, die die Stadt für das Projekt Verbindungsbahn in Hochlage fällen möchte. Generell wird die geplanten Hochleistungsstrecke, die den fehlgeplanten Lainzer Tunnel entlasten und nun den Güterverkehr quer durch den 13. Bezirk führen soll, von der ÖVP Hietzing entschieden abgelehnt. Eine Parteienstellung hat der Bezirk bei diesem Jahrhundertprojekt freilich nicht. „Wir können nur mit einer Bürgerinitiative dagegen antreten”, so der Bezirkschef, der nun hofft, dass das Projekt aufgrund der katastrophalen budgetären Lage der Stadt Wien, die siebzig bis achtzig Millionen der ÖBB beisteuern müsste, auf Eis gelegt wird.

Alles in allem Themen, die die Bürger tagtäglich beschäftigt, Politik für die Wähler. Hietzing kann dem Abwärtstrend der ÖVP mit großer Wahrscheinlichkeit trotzen, in anderen Bezirken sieht es dagegen düsterer aus. Fix ist bereits, dass die Stadtpartei etliche Bezirksräte und Bezirksvorsteher-Stellvertreter verlieren wird – dementsprechend ist auch die Stimmung in den Bezirksparteien.

Der junge Nationalratsabgeordnete Nico Marchetti wurde immer wieder als Nachfolger von Karl Mahrer ins Spiel gebracht, doch er folgte jetzt auf Stocker als Generalsekretär der ÖVP.APA/TOBIAS STEINMAURER

Die Innere Stadt und Döbling wird man zwar ebenso wie Hietzing halten können, doch bereits in der Vergangenheit verlorene Bezirke wie Währing oder die Josefstadt wird man mit Karl Mahrers Truppe nicht zurückgewinnen. Eine Ablöse an der Spitze der Wiener Volkspartei kurz vor der Wahl ist nicht geplant. Kein Kandidat möchte für die Wahlniederlage verantwortlich sein und der Favorit für das Amt des Obmanns, Nico Marchetti, wurde vor drei Wochen zum Generalsekretär der ÖVP berufen.

Somit heißt es Augen zu und durch und nach dem 27. April mit einer neuen Parteispitze die Scherben zusammenkehren.

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Kommentare

  • Zahnfee sagt:

    Völlig lächerliche Show, die Mahrer im Wien-Wahlkampf abzieht. Er präsentiert sich und die ÖVP jetzt als großen Problemlöser im Sicherheits-, Bildungs- und Gesundheitsbereich. Er selbst war es, der die Massenzuwanderung von Syrern und Afghanen verteidigt hat. Er und seine Partei haben gerade beim Thema Sicherheit jahrelang weggeschaut, Gesundheits- und Bildungspolitik für Privilegierte gemacht. Jetzt ist der schwarze Nichtsnutz auch noch stolz darauf eine Koalition mit der FPÖ verhindert zu haben. Das glaube ich ihm aufs Wort. Wäre die FPÖ in der Regierung müsste er nämlich mit bitterer Miene mitverfolgen wie man brisante Themen richtig anpackt. Das hätte sein billiges Ego zerstört.

  • Sana sagt:

    Gemma! ÖVP auf 3,8! 🙂

  • Das heißt, … sagt:

    … dass ein zweistelliges Ergebnis von 10% als fulminanter Sieg gefeiert wird!

  • SpaceDrifter sagt:

    Mahrer kämpft also gegen die Einstelligkeit. Das heißt ab 10 Prozent können in der ÖVP Zentrale wieder Jubelstürme ausbrechen.

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  • Spaghetti007 sagt:

    So eine Partei die sich absichtlich so mit aller Gewalt selbst zerstört habe ich noch nicht erlebt. Diese ÖVP macht genau das gegenteil was die Österreicher wollen. Der Kickl ist der böse rechtsextreme aber wir sauberen und feinen Demokraten aus ÖVP, SPÖ,Neos und Grünen meinen es gut mit euch darum erklären wir euch wie ihr zu Leben habt. Wir erlären euch die Demokratie, wir sind die Anständigen.. Und sowas erklärt uns die verlierer Koalition.

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  • hopala sagt:

    Hier wird von einer Partei Fantasiert, die es seit den Fake Verhandlungen mit der FPÖ nicht mehr gibt.

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  • Serkalo sagt:

    Die Führung der ÖVP bringt die Partei absichtlich um. Wird ja niemand wirklich glauben, dass die Parteigranden (sowohl die im Bund wie auch die in den Ländern) nicht glasklar wissen, dass die Anbiederung an Links die Partei ruiniert…

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  • Dalons sagt:

    Das Agieren der ÖVP auf Bundesebene hat gezeigt, dass die Wien-Wahl offenbar keine Rolle mehr spielt, sonst hätte man nicht so unverfroren als brave EVP-Marionette agiert und alle beleidigt, die in der FPÖ nicht die Wurzel allen Übels sehen.
    Aber nicht einmal in der Wiener ÖVP selbst hat man noch Respekt für die eigene Partei, siehe das Agieren des Herrn von der Wirtschaftskammer, der noch nie auch nur einen Hauch von Kritik gegenüber den Roten geäußert hat, aber erst unlängst den eigenen Spitzenkandidaten angezählt hat. Und über den hilflosen Nico kann man eigentlich nur lachen.
    Bestenfalls in den Bezirken sehe ich noch eine Chance für die, aber sonst haben sie selbst den Ast abgesägt, auf dem sie saßen.

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  • M.H. sagt:

    Wozu noch ÖVP?
    Eine BBB-Partei die sich lieber Brüssel, Babler und Beate anschließt.

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  • Franzesco sagt:

    Ich werde niemals eine Impfpflicht Einheitspartei wählen !

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