Die ORF-Beitrags Service GmbH (OBS) stolpert schon wieder. Schön langsam fragt man sich: Schafft es die ORF-Tochter überhaupt, gültige Bescheide auszustellen? Es geht um eine Formalie – aber mit Sprengkraft. Mit ihr kommt die OBS einfach nicht aus den Negativschlagzeilen.

Nach einer ersten herben Niederlage im Mai 2025 droht jetzt die nächste – und wieder geht es um die Unterschrift. Was nach einer Bürokraten-Kleinigkeit klingt, könnte Rückforderungen in Millionenhöhe auslösen – mit Folgen für die ORF-Finanzen.

Anwalt Mag. Gerold Beneder (M.) und Lucas Ammann (r.) zu Gast im TV-Studio von exxpress. (exxpress-Redakteur Stefan Beig, l.)EXXPRESSTV/EXXPRESSTV

Wie die Causa ins Rollen kam

Ins Rollen gebracht hat die Causa der Blogger und Jus-Student Lucas Ammann gemeinsam mit seinem Anwalt Mag. Gerold Beneder. Aus rechtlichem Interesse wollte Ammann eine formell korrekte Bestätigung schwarz auf weiß, ob auch er den ORF-Zwangsbeitrag zahlen muss. Also beantragte er im Frühjahr bei der ORF-Tochter OBS die bescheidmäßige Feststellung seiner Beitragspflicht. Die OBS kam dem nach – verschickte das Dokument aber nur mit einer Paraphe, nicht mit der gesetzlich vorgeschriebenen eigenhändigen Unterschrift des Geschäftsführers.

Daraufhin zog Ammann vor Gericht – mit Erfolg: Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschied am 21. Mai, dass ein solcher „Bescheid“ rechtlich nichtig ist. Folge: Tausende Österreicher können ihre ORF-Zwangsbeiträge zurückfordern. In Summe stehen Rückforderungen in Millionenhöhe im Raum – der exxpress berichtete.

Ammanns Rückforderung – und die Antwort der OBS

Nach dem Urteil verlangte Ammann die Rückerstattung seines 2024 bereits bezahlten Beitrags in Höhe von 183,60 Euro. Für 2025 liegt bis heute kein Bescheid vor, weitere Zahlungen leistet er nicht. Doch statt die Summe auszuzahlen, reagierte die OBS mit einem neuen Bescheid: Rückzahlung abgelehnt, Beitrag für 2024 erneut festgesetzt.

Die nächste Unterschriften-Panne

Ammann legte Beschwerde ein und entdeckte bei dieser Gelegenheit einen weiteren Formfehler. Unterzeichnet ist der neue Bescheid von Mag. Jürgen Bauer, im Schreiben als „Approbant“ geführt. Doch laut Firmenbuch ist Bauer weder Geschäftsführer noch Prokurist – und daher nicht vertretungsbefugt. Offiziell zeichnet allein Geschäftsführerin Mag. Bettina Parschalk.

Anwalt Beneder beantragt deshalb, auch diesen Bescheid wegen fehlender ordnungsgemäßer Unterfertigung erneut für nichtig zu erklären.

Juristische Lage auf einen Blick

Ein Bescheid muss strenge Formerfordernisse erfüllen. Nach § 18 Abs. 4 AVG braucht es die eigenhändige Unterschrift einer entscheidungsbefugten, zeichnungsberechtigten Person. Eine Paraphe oder die Signatur eines Nicht-Berechtigten reicht nicht. Ohne gültige Unterfertigung ist der Verwaltungsakt ein Nullum – also völlig ohne Rechtswirkung

Beneder erklärt gegenüber dem exxpress: „Die OBS verweigert die Rückzahlung einer nicht fälligen Forderung nach Aufhebung eines Bescheides wegen absoluter Nichtigkeit. Der ORF-Beitrag ist nicht fällig bei Bescheidanforderung, sondern erst nach Rechtskraft des Bescheides. Nach der Beschwerde ist der Bescheid erst ab Zustellung eines negativen Urteiles des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig.“

Da eine Beschwerde aufschiebende Wirkung hat, sei die OBS rechtlich verpflichtet, die 183,60 Euro zu erstatten.

Führungswechsel nach Nichtigkeits-Urteil

Die Affäre hatte auch personelle Folgen: Wenige Tage nach dem BVwG-Urteil musste OBS-Geschäftsführer Alexander Hirschbeck seinen Hut nehmen. Offiziell hieß es, man wolle „kundenorientierter“ arbeiten – doch der zeitliche Zusammenhang mit der Nichtigkeits-Entscheidung spricht für sich.

Interimistisch übernahm Bettina Parschalk. Für Lucas Ammann ist das ein Erfolg: „Durch unser Engagement musste immerhin der vormalige OBS-Geschäftsführer zurücktreten, weil wir zahlreiche Schlampereien und Irrtümer bei der OBS aufgezeigt haben.“

Politischer Zündstoff

Für Ammann geht es nicht nur ums Geld, sondern ums Prinzip. Er kritisiert das Finanzierungsmodell des ORF scharf: „Der ORF-Beitrag samt dem Finanzierungsmonopol des ORF ist krass wettbewerbsverzerrend. Auch die aktuell auf politischer Ebene großspurig angekündigte Sanierung des ORF-Beitrags ändert daran nichts. Die Monopolstellung des ORF bei der Finanzierung ist für private Medienunternehmen existenzgefährdend. Die Politik ist dringend aufgerufen, diese unsinnige Praxis abzustellen.“

Auch die OBS selbst nimmt er ins Visier: „Die Schlampereien der OBS sind nicht zu akzeptieren. Wir werden uns solange gegen den unfairen ORF-Beitrag auf juristischer und publizistischer Ebene wehren, bis wir eine rechtskräftige Entscheidung vorliegen haben werden.“