Tucker Carlson: „Die Amerikaner werden über die Ukraine belogen“
Der ehemalige Fox-Moderator Tucker Carlson übt in einem dreistündigen Gespräch mit dem Podcaster Lex Fridman scharfe Kritik an der US-Politik im Ukraine-Krieg. Überdies verrät er seine Beweggründe für das Interview mit Wladimir Putin in Moskau. Carlsons Hauptsorge gilt den Auswirkungen des Konflikts auf die USA.
Tucker Carlson zufolge habe der Westen für eine Eskalation des Ukraine-Konflikts gesorgt. Deshalb sei der Krieg schon vor langer Zeit zu einem Stellvertreterkrieg mit unnötig vielen ukrainischen Toten geworden.
Carlson übt besonders scharfe Kritik an Washington. Seine Sichtweise steht hier jener der meisten US-Medien radikal entgegen: „Ich lehne die gesamte Prämisse des Krieges in der Ukraine aus amerikanischer Sicht ab, nämlich dass eine winzige Gruppe von dummen Leuten in Washington beschlossen hat, dies aus Gründen zu tun, die sie nicht wirklich erklären wollen“, meint meint er gegenüber Fridman. „Ich glaube, das Ausmaß der Lügen hat mich langsam verrückt gemacht.“
„Der Sieg der Ukraine war nie genau definiert“
Überdies verfolge Washington einen unrealistischen Ansatz. Es habe die Vorstellung vorgeherrscht, „dass die Ukraine diesen Krieg unweigerlich gewinnen würde. Nun war der Sieg nie genau definiert, und das ist er auch nie. Nichts ist jemals genau definiert, was immer ein Hinweis darauf ist, dass hinter der Behauptung eine Täuschung steckt.“
„Russland stellt siebenmal so viele Artilleriegranaten her, wie die gesamte NATO“
Er sei kein Militärexperte, sagt Carlson, aber „ich habe gerade bei Wikipedia nachgesehen. Russland hat hundert Millionen Menschen mehr als die Ukraine. Es verfügt über eine viel größere industrielle Kapazität und Kriegsmaterialkapazität als die gesamte NATO zusammen. So stellt Russland beispielsweise Artilleriegranaten her, die in einem Bodenkrieg von Bedeutung sind, und zwar im Verhältnis sieben zu eins im Vergleich zu allen NATO-Ländern zusammen. Das gilt für ganz Europa. Russland produziert siebenmal mehr Artilleriegranaten als ganz Europa zusammen.“
„Ich wollte, dass die Menschen Putin ganz einfach kennenlernen“
Es sei überdies ein „Krieg im Gange, der die US-Wirtschaft auf eine Art und Weise und in einem Ausmaß zerstört, die die Menschen nicht verstehen.“ Die Reaktionen darauf durch Politik und Öffentlichkeit seien aber naiv. Das Putin-Interview habe dazu gedient, dem Westen „mehr Informationen“ zu liefern, damit die Menschen selbst beurteilen können, was sie von der westlichen Ukraine-Politik halten.
Putin selbst habe auf ihn im Interview nervös gewirkt. „Ich fand, dass er wie ein übermäßig vorbereiteter Student an die Sache herangegangen ist“. Carlson wollte aber, dass die Menschen Putin ganz einfach kennenlernen. „Ich habe ihn einfach reden lassen. Und im Nachhinein fand ich das wirklich sehr, sehr interessant.“
Putins Begründung für den Krieg war: „Ich fürchte, dass die NATO, der Westen, die Vereinigten Staaten, die Biden-Regierung uns präventiv angreifen werden.“ Tucker Carlson hält das für „interessant“. Er unterstreicht: „Ich kann nicht beurteilen, ob diese Befürchtung in der Realität oder in der Paranoia begründet ist.“ Aber es sei immerhin eine Antwort.
Boris Johnson habe eine Einigung verhindert: „Das ist eine große Sünde“
Überdies wolle Putin „eine Einigung. Er will die Sache einfach hinter sich bringen. Er hat bei dem Friedensabkommen eine Reihe von Angeboten gemacht. Wir wüssten nicht einmal, dass das passiert ist, wenn die Israelis es uns nicht gesagt hätten.“ Der Besuch von Boris Johnson Anfang April 2022 in Kiew habe eine Einigung verhindert. „Ich habe in meinem Leben eine Menge beschissener Dinge getan und fühle mich schlecht deswegen, aber ich habe noch nie einen Krieg ohne Grund verlängert. Das ist meiner Meinung nach eine ziemlich große Sünde.“
„Wir sind das Hindernis für den Frieden“
Auch jetzt lasse die US-Regierung keine Verhandlungen zu. „Das ist für mich am beunruhigsten.“ Ihm als Amerikaner sei wichtig, was die Regierung in seinem Namen tue. „Wir sind das Hindernis für den Frieden, was eine andere Art ist, zu sagen, dass wir für all diese unschuldigen Menschen verantwortlich sind, die aus öffentlichen Parks in Kiew herausgezerrt und in den Tod geschickt werden.“
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