
Rudolf Öller: Ungleiche Bildungschancen
Manche Bildungs„experten“ beklagen, dass Bildung in Österreich vererbt wird, und das sei nicht in Ordnung. In der Diskussion wird permanent Wesentliches ausgeklammert, findet eXXpress-Kolumnist Rudolf Öller.
In einem kürzlich erschienen Kommentar mit dem Titel „Ungleiche Bildungschancen“ heißt es in den Vorarlberger Nachrichten wörtlich: „Fast 60 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten kommen zu einem Hochschulabschluss, aber nur 6,6 Prozent jener Kinder, deren Eltern höchstens einen Pflichtschulabschluss haben.“ Weiter hinten stand zu lesen: „Das Ziel war und ist klar – eine leistungsstarke Schule, in der Kinder mit Freude und daher viel lernen.“
Die Diskussion über Bildung, Bildungsreformen, Bildungsgerechtigkeit usw. spart immer und immer wieder wesentliche Dinge aus. Zwischen Hochschulabschlüssen gibt es große Unterschiede. So haben Installateure, Fliesenleger und Maurer auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen (und verdienen auch besser) als Politologen, Soziologen und akademische Genderisten. Unsere Wirtschaft braucht MINT-Menschen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), Mediziner und jede Menge Facharbeiter. In Vorarlberg, wo noch vieles sachlich und mit Bodenhaftung abläuft, gelten Handwerker und Facharbeiter so viel wie Akademiker, und das ist gut so. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, eine Kutte noch keinen Mönch und ein Studienabschluss noch keinen am Arbeitsmarkt angefragten Menschen.
Die Schule schwindet
Die „leistungsstarke Schule“ gibt es dank motivierter Lehrer immer noch, aber sie wird schwächer. Begonnen hat der Abstieg durch eine fortwährende Politik der Entlastung. Wer sich die Mühe macht, die Tage abzuzählen, an denen Schüler die Schule besuchen, wird einen Schwund bemerken. Begonnen hat es auf dem Höhepunkt der ersten weltweiten Energiekrise, als sich die österreichische Bundesregierung 1973 entschloss, zuerst einen autofreien Tag und ein Jahr später „Energieferien“ einzuführen. Die neue Freizeit wurde freudig begrüßt und bis heute für einen Skiurlaub am Berg oder Badeurlaub im Süden genutzt.
Vor der Energiekrise in den Siebzigerjahren besuchten Österreichs Schüler noch an zwei Drittel aller Tage im Jahr die Schule. Schulfrei waren Sonntage, Feiertage und Ferien. In der Zwischenzeit kamen Projektwochen, Zwickeltage und freie Samstage dazu. Der neueste Hit sind die der nordischen Göttin Greta gewidmeten Freitage. Es gibt heute keine Schule mehr, an der es mehr als 50 Prozent Schultage pro Kalenderjahr gibt. In der Regel sind es nur noch 45 bis 48 Prozent. Die lieben Kleinen sind zum Kummer vieler Eltern öfter zu Hause als in der Schule.
Nicht nur die Schulzeit wurde reduziert. Auch das Niveau hat gelitten. Ein Vergleich von Matura-Mathematikthemen vor vierzig Jahren und heute erzeugt bei Mathematikern und Naturwissenschaftlern nasse Augen. Zwischen damals und heute liegen keine Welten, sondern Universen.
Deutschkenntnisse
Wir wenden uns den Deutschkenntnissen zu. Die Szene verdüstert sich nun um Größenordnungen. Mein damaliger Deutschlehrer nahm mich nach den schriftlichen Maturaprüfungen zur Seite und meinte sinngemäß: „Ihre Arbeit hat auf acht Seiten drei Beistrichfehler und eine falsche Großschreibung. Wegen des interessanten Inhalts und des Aufbaus Ihres Aufsatzes kann ich vielleicht doch noch ein Sehr gut retten.“ Er konnte es retten. Wie sieht es heute aus? Bis zum Jahr 2014 gab es die so genannte Fachbereichsarbeit. Schüler, die sich für ein bestimmtes Thema interessierten, schrieben (freiwillig) eine solche Maturaarbeit. Sie konnten sich dadurch eine schriftliche Klausur ersparen. In der Regel wurden sehr gute und interessante Arbeiten abgegeben. Dieses elitäre Konzept war sozialistischen Bildungs„experten“ ein Dorn im Auge. Unter Bildungsministerin Claudia Schmied wurde die „vorwissenschaftliche Arbeit“ erfunden und durch ihre Nachfolgerin Gabriele Heinisch-Hosek 2015 umgesetzt. Alle Maturanten mussten nun eine schriftliche Arbeit abliefern. Es interessierte niemanden, dass so etwas im Unterricht nie geübt wurde und Lehrer – auch Gymnasiallehrer – für eine Beurteilung nie ausgebildet worden waren.
Stilistische Abstürze
Ich habe in den letzten Jahren ein paar Dutzend solcher Arbeiten zu Gesicht bekommen. Es waren immer wieder sehr gute bis brauchbare Texte dabei, aber die meisten hatten ein mittelmäßiges bis schauderhaftes Niveau. Nicht wenige Arbeiten mit stilistischen und inhaltlichen Abstürzen sowie schweren orthografischen Unfällen wurden mit „Befriedigend“ beurteilt. Plagiate wurden von den Lehrern schon deshalb übersehen, weil sie eine fachfremde Arbeit zu beurteilen hatten. Das dürfte der Grund sein, warum das Abschreiben heute als Kavaliersdelikt akzeptiert wird. Sogar abgekupferte Doktorarbeiten von Ministerinnen werden ohne Weiteres durchgewunken.
Bildung wird vererbt, und es gibt ungleiche Bildungschancen. Die Gründe liegen nicht in vermeintlich ungerechten Schulstrukturen, sondern in einem Schulsystem, in dem Politiker nicht mehr genau hinsehen. Es gibt neben den bekannten PISA-Untersuchungen (internationaler Vergleich fünfzehnjähriger Schüler) auch die TIMSS- und PIRLS-Testserien (Vergleich von Schülern der 4. Schulstufe). Bei den österreichischen Volksschulen zeigen sich „dramatischen Unterschiede“, wobei die Resultate im Detail nicht veröffentlicht werden. Man bekommt die Zahlen nur mit Beziehung. Es gibt demnach Volksschulen in Österreich, die hervorragende Ergebnisse erzielen wie etwa in Oberösterreich. Am anderen Ende gibt es Schulen, die Analphabeten produzieren und chancenlose Kinder entlassen, viele von ihnen sind in Wien. Die wichtigen Fragen, die man hier stellen muss, lauten: „Welche Schulen sind die besten? Warum sind sie die besten? Wie kann man die schlechten Schulen nach oben holen?“
Die Forderung nach Abschaffung der „Selektion“ in Richtung Gymnasium oder Mittelschule ist der bequeme ideologische Weg, die Forderung nach höherem Niveau und Qualitätssicherung der mühevolle. Was den Akademisierungswahn betrifft, so sei nochmals betont: Ein Publizistik-, Politologie- oder Genderismusstudium mag spannend sein, aber den Einbau von Wärmepumpen, das Pflegen von Alten und Kranken und das Errichten eines Dachstuhls lernt man dort nicht. Letztere Tätigkeiten sind wertvoll und selten und werden daher am Stellenmarkt dringender nachgefragt als absolvierte Orchideenfächer.
Rudolf Öller ist promovierter Genetiker der Universität Tübingen und seit Jahrzehnten sowohl als Kolumnenschreiber als auch als Buchautor publizistisch tätig. Öller ist gebürtiger Oberösterreicher, hat in AHS und BHS Naturwissenschaften und Informatik unterrichtet und war ehrenamtlicher Rettungssanitäter, Blaulichtfahrer und Lehrbeauftragter beim Roten Kreuz. Er lebt heute in Vorarlberg.
Kommentare
Wie immer, auf den Punkt gebracht!
Bildungsfern bleibt eben der Bildung fern.
Man kann Esel nur zur Tränke führen, saufen müssen sie selber.
Auch ich bin ein einfaches Arbeiterkind. Ich habe viel gelernt, Matura gemacht und Medizin studiert. Nun betreibe ich seit über 10 Jahren eine Kassen Ordination für Allgemeinmedizin. Wer wirklich will, der kann in Österreich auch eine höhere Bildung erlangen. Es gibt reichlich Förderung dafür. Wenn man seinen Kindern den Wert der Bildung nicht leehrt, dann werden sie diese nicht erfahren.
Das kann ich nur bestätigen! Selbst neben Handwerksberuf die (Abend-) Matura gemacht, eine Meisterprüfung und dann Unistudium mit Doktorat. Es geht wenn man will, auch wenn es manchmal sehr mühsam war.
Was nützt es, wenn Bildung vererbt wird, wenn Dummheit ansteckend ist? 😊
Besonders ärgerlich ist der Bildungsstand bei einigen Abgeordneten. Es gab einmal eine Zeit, da hatten Abgeordnete in gesetzgebenden Versammlungen einen Informations- und Intelligenzvorsprung. Dann gab es nur noch einen Intelligenzvorsprung, und heute gibt es keinen Vorsprung mehr. Es dürfte klar sein, was ich meine. Man muss nur bei einer TV-Übertragung aus einem Parlament eine halbe Stunde zuhören. Da schlägt das Grauen zu wie einst George Foreman oder Muhammed Ali. Vor allem das widerlich affektierte Getue von (blonden) “Rampensäuen” und arroganten Studienabbrechern, die sich ständig über irgendwas empören, ist widerlich: Es ist eine Show für Unbedarfte zwischen Huscher und Klescher.
Ich glaube eher, dass es eine Zeit lang nur mehr einen Informationsvorsprung gab und keinen Intelligenzvorsprung.
Der Vater eines Klassenkollegen meines Sohnes hatte in Wien eine Pizzeria betrieben. Er sorgte mit Geduld und Strenge dafür, dass sein Sohn nur Einser in seinem Zeugnis hatte – jedes Jahr. Alles andere war für ihn nicht akzeptabel. Der Sohn schloss so die HTL und danach ein Informatikstudium ab und lebt und arbeitet jetzt in England.
Sein Vater war Pizzabäcker und kein Akademiker und deutsch war nicht seine Muttersprache. So geht es also auch.
Wenn aber die Eltern von Ihren Kindern grundsätzlich keine Leistungsbereitschaft verlangen bzw. sie ihnen nicht vorleben, dann geht es in den meisten Fällen bei den Kindern schief – egal ob in der Schule oder in der Lehre.
Sehr richtig! Für das Bildungssystem ist die Politik verantwortlich, für den Lernerfolg sind die Eltern zuständig!
Unsere gesamte Gesellschaft ist bildungsfeindlich. Es wird zwar immer von der Wichtigkeit der Bildung geredet, aber alles Tun, alle indirekten Botschaften, die gesamte Lebensweise suggerieren jedem, dass Lesen, Lernen, Museumsbesuche, gepflegte Diskussionen, Tradition und Kunst etwas für verschrobene Typen sind, hinterfragt und zerstört, weil bourgeois, gehören. Außerdem bringen sie kein Prestige und der Wirtschaft weniger Geld als Handys, Reisen und Klamotten.
die Frage ist halt auch was heute über gewisse TV Sender, Museen, Gallerien und Staatsbühnen als Kunst verkauft wird, ob das in 200 Jahren nicht eher die bezahlten speichelleckenden Protege-Hofnarren sein werden – ohne Talent, Charisma und Genius und unbekannte, vielleicht sogar ungebildete, verarmte die wahren Künstler sein werden. Die Künstler der aktuellen Zeitperiode sind oft nur ein Huster.
Die in Wiener Schulen chancenlos entlassenen Schülerinnen HATTEN ihre Chance, als sie in die Schule eingetreten sind, aber sie haben sie nicht genutzt. Meist ist dafür ein sattes, bildungsfernes Elternhaus verantwortlich.
Wir sind 3 Geschwister aufgewachsen auf eine Bauernhof waren alle auf dem Gymnasium, Matura haben Studiert und nebenbei gearbeitet das Studium in Minimum der Studienzeit abgeschlossen wir kamen uns nicht benachteiligt vor. Wen man sich heutzutage die Matura ansieht kann man nur noch lachen die ist ein Witz. Oder welche Studien Richtung bevorzugen werden als um nur nichts leisten zu müssen. Das Gejammer der Maturanten wegen zu schweren Prüfungen ist absolut lächerlich auch der Student, wen es ihnen zu schwer ist sollten sie sich überlegen die Richtung zu wechseln. Mir sind 50 Leute die sich die Matura und Ihr Studium erarbeiten tausende mal lieber als 200 Pfeifen die nur jammern wie ungerecht doch alles ist. Auch die ewig Studierenden gehören vor die Tür gesetzt. Wir haben eines der teuerste Bildungssysteme der Welt und was bekommt dabei raus ?? Im Grunde läuft es auf das raus „ohne Fleiß keinen Preis und von nix kommt nix“
Meine Persönliche Meinung die Lehre muss massive aufgewertet werden auch müssen echt Facharbeiter also mit Lehre und Gesellen Brief wieder viel mehr geschätzte werden.
Dazu benötigen man eine vernünftige schulische Ausbildung auch mit Benotung es ist auch absolut egal ob sie Hauptschule, Gymnasium oder Mittelschule heißt das ist doch im Endeffekt nur Wortklauberei.
Echte Bildung für Alle ist der größte Feind jeder Ideologie, jeder Religion. Heutige Linke sind nicht offen bildungsfeindlich, wie schon einmal. Man verbietet nicht, man nivelliert nach unten. Und orwell-sprech-konform, verkauft man dies als Errungenschaft. Deswegen “schicken” Linke ihre Kinder in Privatschulen, und den des Pöbels auf staatlichen Schulen!
Nie war der Zugang zu Bildung und Universität leichter als heute. Schon lange ist dann schon so. Gusenbauer, Vranitzky, Kern – alle konnten studieren und wurden Millionäre. Klestil, Rendi Wagner, ORF – Wolf, alle kamen aus ärmlichen, nicht akademischen Familien.
Meine Großeltern waren lange arbeitslos – alle ihre 4 Kinder machten einen akademischen Abschluß. Viele akademische Studien sind heute ohne besondere Anforderung zu bewältigen, Absolventen werden am Bedarf vorbei promoviert, die MINT Fächer gemieden.
Jeder der heute will, der kann. Die akademische Welt steht ihm offen.
Guter Verdienst und eine interessante Tätigkeit sind für jeden leistungsorientierten, intelligenten Menschen in nicht akademischen Berufen oft besser zu erreichen und befriedigender als stumpfsinnig den ganzen Tag vor dem Schirm zu verbringen.
Wir haben in Österreich nicht das Problem, dass Bildung vererbt wird sondern der Leistungswille! Die Versager von morgen sind Weltmeister im Rechte einfordern (s. Klimakleber, FFF). Wie ihren zahlreichen linken Vorbildern sind Pflichterfüllung und Anstrengung jedoch Fremdwörter für sie. Sie agieren wie Kleinkinder in der Trotzphase, die mit Terror andere (Eltern, Staat, Steuerzahler, arbeitende Bevölkerung…) dazu nötigen, ihre Bedürfnisse zu stillen. Selbst Hand an zu legen, kommt Ihnen gar nicht in den Sinn!
Viel besser und treffender kann man es kurz gehalten nicht formulieren. Beim Rechte einfordern und auf andere herabschauen, ohne selbst irgendetwas zu können oder schon etwas brauchbares geleistet zu haben, sind die Grenzen nach oben hin offen. Sobald jedoch Pflichten ins Leben treten und Verantwortung die Bühne betritt wären die meisten lieber entmündigt.
Wissensbegierde ist heute ein Fremdwort. Bücher lesen ist out, was nicht nur zu weniger Allgemeinwissen führt, sondern auch bei der Rechtschreibung nicht hilft. Stattdessen wischt man auf seinem Handy herum und liest Belangloses. Und das oft den ganzen Tag. Und da sind die Eltern oft kein Vorbild.
Mein Kind hatte leider nur schlechte unengagierte D-Lehrer. Von nichts kommt halt nichts. Schreiben, Rechtschreibung, Beistrichsetzung muss geübt werden. Diese faulen, unengagierten Lehrerinnen setzten es voraus. Die eine hatte als Freifach Lese- und Rechtschreibtraining. In den Klassen wurde leider kein Rechtschreiben trainiert.
Durch die Handys werden die Kinder immer „blöder“ und süchtiger. Es gehörte ein Smartphoneverbot unter 18 Jahren her. Augen ruinieren sie sich, Gelenke, Nacken … Die Chinesen sind da schon weiter.
Bei den Korrekturen steht dann: „Achte auf deine Rechtschreibung etc.“. Wenn sich die Schüler alles allein erarbeiten müssen, können ihnen auch Roboter Aufträge schicken. Da brauchen wir eh keine inkompetenten Lehrer mehr.
In meiner Lehrzeit ( Elektroniker ) vor 50 Jahren sagte man zu den Studierten Fachtrotteln. Stimmte zwar nicht aber es war halt oft üblich. Ich bin zwar 2022 in Pension gegangen, arbeite aber noch halbtags weiter, weil mein Chef kaum Facharbeiter findet.
An die Jugend: Es muss nicht jeder Studieren, weil ihr als Facharbeiter sehr gut verdient und ihr euch aussuchen könnt, wo ihr arbeitet.
Erstklassige Volksschulkinder profitieren von ebensolchen und nur so ist der Erfolg gewiss. Das Gelernte schreitet voran und wissbegierig geht es weiter. So geht Erfolg Volksschule zu meistern, ich kann das bestätigen. „Störenfriede, Kasperl, der Sprache nicht vollkommen mächtig“ das bremst die gesamte Klasse!
Das Entscheidende sind und bleiben die Volksschuljahre. Wer hier prämiert hat die Zukunft in den Händen, ob Lehre, ob Studium!
Die (dt) Grüne Jugend forderte 2020, Abschaffung der für sie „unnötigen Pflichtfächer“ wie Mathematik.
“Die Presse” berichtete davon 2020: “Gernot Blümel, Junge Grüne und all diese Nullen.”
Obwohl die heutige Jugend durch Digitalisierung/Internet unerschöpfliche und grenzenlose Möglichkeiten vorfindet, wovon man früher nicht einmal träumen konnte, verblödet sie zusehends.
…….. Natürlich nicht alle, sondern nur die, die sich die Abschaffung von Mathematik, Deutsch und andere lästige Pflichtfächer wünschen, aber mit Begeisterung gendern und mit 🏳️🌈🏳️⚧️Fahnen herumlaufen.
Lieber Rudolf, Deine Analyse trifft in weiten Teilen zu, allerdings ist in Österreich eine Trendwende hin zur Leistungsschule nicht mehr realisierbar.
Noch gibt es in jedem Bundesland Volksschulen, Mittelschulen und Höhere Schulen, wo die Lehrkräfte aufgrund der Zusammensetzung der Klassen gute bis hervorragende Arbeit leisten können, doch selbst am Land sucht man solche Schulen schon oft vergebens.
Zehntausende Volksschulkinder, die aufgrund ihrer erbrachten Leistungen mit einem “Befriedigend” oder “Genügend” beurteilt werden müssten, bekommen in der Praxis die Noten “Gut” oder “Sehr gut”, um den Weg ins Gymnasium zu ebnen. Schon lange vor den Notenkonferenzen werden Volksschullehrerinnen und Volksschullehrer von Eltern unter Druck gesetzt, es wird mit Beschwerden, Einsprüchen, den Bildungsdirektionen und “juristischen Folgen” gedroht. Immer öfter stehen aggressive Eltern mit ihren Rechtsanwälten vor den Konferenzzimmern und werden laut: “Sie zerstören die Zukunft meines Kindes, sie ruinieren das Leben meines Kindes!”
Mein persönlicher Ausblick für die österreichische Schule ist düster und nach 34 Dienstjahren in einer Landschule verstehe ich, warum immer weniger junge Menschen der Berufung zum Lehrer folgen.
Eine blendende Analyse unseres Bildungssystems und seiner Probleme. Mit Punkt 1 und vor allem 3 seiner Vorschläge denkt ja sogar schon ein österreichischer Politiker in genau diese Richtung.
Lobenswert, dass Herr Öller viele ausgebildete Handwerker so manchem Akademiker gleichstellt.
Man muss deshalb die Bildungspyramide umstellen:
1. Ungelernte
2. Pflichtschulabschluss
3. Nur-Maturanten
4. Abgeschlossene (handwerkliche, soziale) Berufe
5. Akademiker (am Besten in zwei Stufen: Unnötige und Nachgefragte)
Fazit: Die Überbewertung von Nur-Maturanten muss ein Ende haben.
Grün-und Rosarot-Wähler, die angeblich so gebildet sind (Grün-Wähler*innen schaffen meist nur einen Gymnasien-Abschluss) wohnen zu 80% im urbanen Raum, wo man ohne Gymnasium und Bachelor-Abschluss in Politik-, Medien- oder div. Sprach- und Sozialwissenschaften nicht gesellschaftsfähig ist.
Facharbeiter sind in dieser „elitären“Gesellschaft ausgeschlossen. Pfui!
Außerhalb dieses Raumes gibt es so gut wie keinen Facharbeitermangel.
Ich kenne keinen einzigen ehemaligen Schulkollegen, der ein Handwerk erlernt hat, keine eigene Familie besitzt und wo vor dem eigenen Wohnhaus auch kein VW-Golf steht.
Reich kann man mit einem Handwerk allerdings nicht werden. Aber zufrieden und glücklich. Und Tesla, Statussymbol der „Elite“, wird sich auch Facharbeiter leisten können.
Herr Öller: wiederum eine exzellente Analyse. Nur: das will in Ö niemand hören, in Wien und in Ballungsgebieten ist es besonders schlimm. Da werden wirklich Analphabeten “produziert” und engagierte Lehrkräfte werden völlig alleingelassen, da werden Schüler ohne Deutschkenntnisse in die Klassen gesetzt, “geistig” behinderte Kinder auch (es muss ja Inklusion sein..und verstehen sie mich bitte nicht falsch, für solche Kinder müssen spezielle Schulen oder Klassen sein, die können einem normalen Unterricht nicht folgen und daher “leidet” die ganze Klasse), ein normaler Unterricht ist dann nicht mehr möglich. Und das Alles darf man (zumindest in Wien) auch nicht beim Namen nennen, man wird dann sofort beschimpft. Viele Lehrkräfte haben aufgegeben und warten nur noch ab, ich kann das verstehen.
Öller liefert eine ausgezeichnete Analyse. Was aber zu wenig hinterfragt wird, ist die Parole, dass “Bildung vererbt wird”. Da wird der Eindruck vermittelt, dass die “Akademiker” und andere Privilegierte , ihre Kenntnisse und Fähigkeiten an ihre Sprösslinge weitergeben – die armen Nichtakademiker haben aber aber nicht zum weitergeben? Ein versteckter Klassenkampf? Bildung kann man nicht vererben. Jeder Mensch muss die Fähigkeiten des Lesens, Schreibens, Rechnens, den Erwerb von Zusammenhangswissen und/oder Handlungswissen selbst erarbeiten. Man kann nur Anregen, Fördern und auch Fordern. In Österreich hat jeder die Chance sich aufgrund eigener Initiative sich weiterzuentwickeln. Freilich, geschenkt wird da nichts.
Herr Öller hat vollkommen Recht. Das Niveau geht immer weiter nach unten, denn der Spaßfaktor ist das Wichtigste. Warum wohl schicken jene, die es sich leisten können ihre Kinder in Privatschulen, allen voran die Politiker? Weil dort eben noch Leistung zählt – nur leider begreifen daß auch viele nicht, dass hier eine Zweiklassen Gesellschaft bewusst aufgebaut wird
Prof. Öller weiß, wovon er redet. In Vorarlberg tritt eine kleine, aber besonders lautstarke Minderheit, unter der Führung der sich Landeszeitung nennenden VN, für die egalisierende und nivellierende Gesamtschule ein. Neuerdings werden sogar Ärzte vor den Karren gespannt, um die angeblich “negativen gesundheitlichen Auswirkungen der “frühen Trennung” – natürlich wissenschaftlich – zu beweisen. Dabei wäre die Gesamtschule gesetzlich möglich, aber eben nicht von oben herab verordnet, sondern wenn Schüler, Eltern und Lehrer einer Region das wünschen.
Hervorragend analysiert und die Schwächen unseres Bildungssystems sowie dessen mangelhaften politischen Umgangs der Linken damit wurden auf den Punkt gebracht!
Kinder schon in der Schule zum Programmieren zu nötigen ist genauso sinnlos wie Kinder (nach der Volksschule) zu Mathematik zu nötigen. Was einen nicht freut das macht man auch nicht wenn man sich erfolgreich durch die Schule (mit Nachhilfe usw.) durchgeboxt hat. Ganz im Gegenteil, mit solchen Albtraum-Fächern will man den Rest seines Lebens nichts mehr zu tun haben.
Menschen müssen das machen und lernen können was ihnen Freude bereitet. Zwang ist das falsche Mittel.
Zu Ihrem letzten Absatz: Wenn sich Kinder aus bestimmten Gruppen schon in der Volksschule mehr für Kampfsport und das Hochhalten und Verteidigen von archaischen Moralvorstellungen (Männergesellschaft, Familienehre etc.) als für Lesen und Schreiben interessieren und das Beibehalten der Muttersprache der Ururgroßeltern einen höheren Stellenwert genießt als die hiesige Landes- und Bildungssprache, dann fällt mir nicht viel ein, was diese Menschen einmal abseits von Sozialhilfe und AMS machen könnten.
Oftmals wehmütig selbst Gedachtes so trefflich auf den Punkt gebracht zu lesen, ist die reinste “Seelenwäsche” und lässt hoffen. Vielen Dank , Herr Öller .