
Ruth Pauli: Die Macht geht vom Denunzianten aus
Wir werden gerade Zeugen einer Selbstkastration unserer Demokratie. Kritik an Institutionen wird – wenn schon nicht als verboten, so doch – als ungehörig abgetan, analysiert eXXpress-Kolumnistin Ruth Pauli.
Höchste Instanzen – der Bundespräsident etwa und die Richter-Präsidentin – erklären sie als Beleidigung, Missachtung und Verhöhnung des Rechtsstaats. Dabei ist es wesentlich für eine demokratische Republik, dass nichts „heilig“ ist, dass Kritik auch an Institutionen keine Majestätsbeleidigung ist, und dass gerade die ernsthafte Auseinandersetzung mit kritischen Stimmen zur Verbesserung aller Institutionen beitragen kann.
Wenn die Parteien nicht verstehen wollen, dass ihre Liebe zur Schlammschlacht niemandem Vorteile bringt und die Wähler nur vertreibt, dann hat der alte Herr in der Hofburg schon Recht, wenn er Respekt und gute Manieren einfordert. Wenn er aber meint, dass man die Institutionen Parlament, U-Ausschuss, Regierung oder Verfassungsgerichtshof nicht kritisieren, sondern „in Ruhe arbeiten“ lassen soll, dann muss man ihm vehement widersprechen.
Genauso wie Kritik an parteilichen Positionen eines Bundespräsidenten nachgerade notwendig ist, müssen auch Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs kritisiert und diskutiert werden können. Es gibt in Österreich niemanden, der papstgleich unfehlbar ist. Auch nicht eine Handvoll Höchstrichter oder der Träger eines vom Wähler geborgten Amtes.
In einer Demokratie schützt Status nicht vor kritischer Beurteilung. Es ist auch nicht Bürgerpflicht, allen Institutionen blind Respekt zu zollen. Im Gegenteil. „Das Volk“ hat das Recht und die Macht, alle Amtsträger und Institutionen-Vertreter zu beurteilen und abzuwählen. Und die Institutionen müssen sich den von van der Bellen eingeforderten Respekt erst einmal verdienen.
Jegliche Kritik als Angriff denunziert
Wenn laut Eurobarometer vom April mehr als die Hälfte der Österreicher dem Parlament nicht vertraut, hat das in erster Linie mit dem Agieren der Parlamentarier selbst zu tun. Wir sollen sie in Ruhe arbeiten lassen? Da muss man sich bei einem Blick auf den U-Ausschuss fragen: Ist Dreck schleudern und mit Anzeigen wacheln schon Arbeit, die Ruhe und Respekt verdient?
(Dass der Bundespräsident bei seiner Mahnung zur Friedhofsruhe auch die Medien unter die Institutionen reiht, die man in Ruhe arbeiten lassen soll, ist hoffentlich nur ein lächerlicher Irrtum gewesen. Weder die Kronenzeitung noch der ORF stehen über irgendjemandem in diesem Land.)
Noch verwunderlicher als diese mahnenden Missverständnisse des Staatsoberhaupts sind die Aussagen der Richterpräsidentin Matejka. Sie rückte in letzter Zeit mehrfach aus, um jegliche Kritik an der Staatsanwaltschaft als rechtsstaatlich bedenklichen Angriff auf die „unabhängige Justiz“ zu denunzieren. Nun ist erstens die Staatsanwaltschaft nicht unabhängig, sondern weisungsgebunden. Und zweitens ist in einer Demokratie auch die Kritik an Organen und Urteilen „der Justiz“ erlaubt. Auch ist es zu wenig, pauschal den „Respekt vor dem Rechtsstaat“ einzufordern und damit Kritik verbieten zu wollen. Weder ein Staatsanwalt, noch ein Richter sind „der Rechtsstaat“ und daher sakrosankt. Sie zu kritisieren, wenn es dazu Anlass gibt, steht jedem Bürger und – soviel Fairness muss sein – auch jedem Politiker zu.
... und weg ist der Minister
In dem Tohuwabohu, das die geballte Opposition als Politikersatz veranstaltet, leidet aber nicht nur das Recht auf Kritik und damit die Meinungsfreiheit. Auch die Unschuldsvermutung wird mit dem Schlachtruf „Kurz muss weg“ zu Grabe getragen – und dankenswerter Weise hat der Bundespräsident daran erinnert.
Ob die pinke Frontfrau weiß, was es heißt, wenn sie krakeelt: Bei Anklage Rücktritt? Es heißt nichts anderes, als dass von nun an jeder anonyme Anzeiger, jeder fintenreiche Oppositionspolitiker und jeder übereifrige Staatsanwalt darüber entscheiden können, wer in einer Regierung sitzt. Hübsche kleine Anzeige – und weg ist der Minister.
Es ist einfach, wie am Fließband Anzeigen zu fabrizieren, bei denen nichts herauskommt – das konnte man bei Peter Pilz lernen, der als erster damit Politik und leider auch Schule machte. Wer wider besseres Wissen das Prinzip Pilz über das Prinzip Unschuldsvermutung stellt, der sollte die Verfassung umschreiben. Der erste Satz müsste dann nämlich heißen: Die Macht geht vom Denunzianten aus.
Unbeeindruckt von dystopischen Meinungstrends und spitzzüngig gegen Nonsense-Gerede artikuliert sich auch Ruth Pauli (70). „Erst denken, dann twittern“, warnte die Autorin und langjährige ehemalige Innenpolitik-Redakteurin einmal. Schon früh blickte die gebürtige Wienerin über den österreichischen Tellerrand, ihre Studien- und Forschungsjahre führten sie in die USA, die Sowjetunion und nach Frankreich. Nach der Promotion über russische Literatur arbeitete sie unter anderem bei der „Wochenpresse“, der „Presse“ und dem „Kurier“. Sie brachte mehrere Bücher heraus, ob als Übersetzerin, Autorin oder als Herausgeberin.
Kommentare
Diesem großartigen Kommentar ist nichts mehr hinzuzufügen.
Außer dass es es höchst an der Zeit ist, diese unhaltbaren Zustände wieder in Ordnung zu bringen.
Das dürfte die größte Angst von Rot-Pink-Blau sein …
Auch heute im U-Ausschuss: Manche Exponenten der Justiz scheinen fast erstaunt zu sein, sobald Kontrollen, Zweifel und Vorwürfe sich auch einmal gegen sie selbst richten. Wenn das für sie Stress erzeugt, mag das unangenehm sein, aber Stress haben auch jene, die monatelang von WKStA-Ermittlungen betroffen sind, die später eingestellt werden,
Und was angebliche Leaks der WKStA betrifft: Da sagt ein WKStA-Oberstaatsanwalt, es habe in der WKStA Kontrollen gegeben, aber nichts habe sich materialisiert. Offen gesagt: Da hätte ich wirklich gar nichts gegen einen kontrollierenden Blick von dritter Seite.
Liebe Frau Pauli
Danke für Ihren Beitrag, es ist alles gesagt.
Wunderbarer Artikel von Frau Pauli. Endlich wird der unscharfe Begriff “die unabhängige Justiz” genauer unter die Lupe genommen. Die Justiz ist nicht dann “unabhängig”, wenn sie von niemandem angegriffen werden darf (nach dieser Definition wäre ja die Justiz Weißrusslands perfekt unabhängig), sondern dann wenn sie politisch unabhängig AGIERT.
Um die von den Linken eher unbeliebte türkis-blaue-Regierung zu sprengen, brauchte es recht aufwendige Urlaubsvideos aus Ibiza.
Um Kurz auf Urlaub zu schicken, müsste auch schon eine Anklage ausreichen. Nicht eine rechtswirksame Verurteilung – sondern lediglich eine Anklage … und
bestellte Meinungsumfragen die die eigene Meinung bestätigen und die von Kurz nicht …
Nachtrag: Es genügt auch schon eine anonyme Anzeige —-> und weg mit Kurz!
geil! 😎
Pilz jubelt:
In einer aktuellen Unique-Research-Umfrage für das “Profil” wünschen sich 47 Prozent der Befragten einen Rücktritt bei Anklageerhebung.
https://zackzack.at/2021/05/20/mehrheit-fuer-kurz-ruecktritt-bei-anklage-umfrage/
Eine Anklage genügt also, um einen überaus erfolgreichen und beliebten aber bei den erfolglosen Linken extrem verhassten Kanzler loszuwerden, die Regierung zu sprengen und nochmals Neuwahlen zu erzwingen. Und das alles bis das gewünschte Wahlergebnis stimmt!
SPÖ+Grüne+NEOS wäre schon geil … Also her mit einer Anklage!
Halleluja!
Unschuldsvermutung (eines der Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens) und rechtswirksames Urteil, braucht es nicht, Anklage genügt!!
Frage: Wenn die Anklage sich in Luft auflöst, gibt es dann wieder eine Umfrage die besagt, ob Kurz sein Amt wieder zurückhaben darf?
Sehr guter Kommentar.
Dieses Verbot der Kritik ist eigentlich Demokratigefährdend wenn Teile der Behörden der Kritik entzogen werden sollen.
Passt aber zu der totalitären Ausprägung der linken. Sie wollen unsere Sprache kontrollieren (verbotene Begriffe, Gendern), unsere Geschichte (Lueger), unser Geld (können sie doch viel vernünftiger ausgeben), die Medien (Geld nur für “Qualitätsmedien”) und worüber wir reden dürfen. Nebenbei stellt man Videofallen und nutzt die Staatsanwaltschaften um politische Gegner zu verfolgen (Ist ja auch in Russland üblich).
Interessant ist vor allem, dass man bei der Polizei nie hört dass die in Ruhe arbeiten soll.
Chapeau für diesen Kommentar.
Ich würde mir wünschen, dass über diesen Kommentar auch im ORF.at; Krone.at; Kurier.at; der Standrad.at; usw. usv. berichten würde: als Unterstützung des ‘Selbstdenkens’ – wofür die öffentliche Medien nun mal ins Leben gerufen wurden.
Großartiger Kommentar!
Ich frage mich in diesem Zusammenhang, woher die Staatsanwälte der WKStA die Motivation holen, immer wieder zu “ermitteln”. Seit dem Outing von Frau Minister Edtstadler wissen wir, dass die WKStA eine der erfolglosesten Behörden in der österreichischen Geschichte ist.
Erfolglos, was die Verurteilungen ihrer Opfer betrifft, höchst erfolgreich aber im Ruinieren Unschuldiger.
Bravo, liebe Staatsanwälte, bravo!
Ein Horrorshow, die da vor unseren Augen abläuft.
Einfach brillant! Ein ausgezeichneter Kommentar, dem nichts hinzuzufügen ist – herzlichen Dank, Frau Pauli!
Treffender Artikel Frau Pauli ! Datenschutz und Unschuldsvermutung gelten auch für Politiker, Minister und Bundeskanzler. Warum ein Kickl Immunität genießt und der Bundeskanzler von einer Politinquisition ohne Gerichtsstatus medial regelrecht “hingerichtet” werden soll, das muß man dem Staatsbürger einmal erklären. Und dass sich der VFGH offensichtlich in seinen Sprüchen über Entscheidungen des EuGH stellt, gehört ebenfalls aufgeklärt.
Brillanter Kommentar, vielen Dank!
Zitat: “Weder die Kronenzeitung noch der ORF stehen über irgendjemandem in diesem Land.” (Zitat Ende)
Ergänzen möchte ich: und am allerwenigsten der Chefredakteur eines mit von Gnaden der SPÖ-Wien öffentlichen Geldern überschütteten Stadtmagazins, der sich selbst als allwissend, als Ermittler, Ankläger, Richter und Henker in Personalunion, und in einer bemerkenswerten Hybris als die oberste moralische Instanz der Republik wähnt.
Zur Richterpräsidentin Matejka möchte ich nichts sagen, nur eine Frage stellen: Ist es wirklich so denkunmöglich, dass wesentliche Bereiche der Justiz ganz gezielt und über lange Zeit durch streng linientreue rot-grüne Parteigänger unterwandert wurde?
Wieder ein Artikel, der von Sebastian Kurz “bestellt” wurde. Kritik soll nicht zur täglichen Gewohnheit werden und Recht muss Recht bleiben. Natürlich soll man weiterhin Einspruch erheben können und dann wird die Sache wieder neu bewertet. Wenn man die Arbeit vom Bundeskanzler & Co. gut heißt, schaufelt sich der Österreicher sein eigenes Grab und mit der Freiheit und Selbstständigkeit ist es vorbei.
“Hübsche kleine Anzeige – und weg ist der Minister.” Das ist so nicht richtig! Denn nicht jede anonyme Anzeige führt automatisch zur Aufnahme von Untersuchungen durch die Staatsanwaltschaft. Die muss vorher prüfen. Die Ergebnisse einer solchen Prüfung hingegen können durchaus parteiisch sein.
Genau – von 40000 Beschuldigungen wurden 39500 wieder mangels Substanz wieder eingestellt. Wie geht es eigentlich den unschuldig Beschuldigten? Karriere hin, Vermögensverluste, Freundeskreis weg – und? Wer leistet Entschädigung? Die WKSTA vielleicht? Nein, eine kleine Notiz in den Medien, die die Vorverurteilung schon lautstark verkündet haben muss doch genügen.
Roland: bei einer Journalistin wie Frau Ruth Pauli kann man keinen Artikel “bestellen”. Frau Pauli hat mit ihren Aussagen völlig recht!
Mir fehlt die Kritik der Autorin, dass diese Regierung massenweise Entscheidungen des VfGH ignoriert und damit unseren Rechtsstaat untergräbt. Wenn eine z.B. Registrierungspflicht in der Gastronomie verboten wurde, dann hat das eine Regierung auch zu respektieren.
Das Matejka dem linken Reichsfünftel zuzuordnen ist, ist allgemein bekannt. Daher kommt es zu ihren gehäuften Auftritten (besonders im ORF) um den Türkisen von höchster richterlicher Seite einen Verweis zu erteilen.
Der “Bundespräsident” ist Mittäter bei der Einführung der “Gesundheitsapartheit”!