
Scharfe Worte an Becker: "Depression ist keine Frage von Geld, Erfolg oder Luxus"
Boris Beckers Kommentare über die Tennisspielerin Naomi Osaka, die ihre Depressionen öffentlich machte, aus diesem Grund bei den French Open ausstieg und in weiterer Folge auf Wimbledon verzichtete, sind auf wenig Gegenliebe gestoßen. Nun meldet sich Teresa Enke, Witwe des früheren Nationaltorwarts Robert Enke, zu Wort.
Der ehemalige Fußballer Robert Enke hat sich aufgrund von Depressionen 2009 das Leben genommen. Seine Witwe Teresa verurteilt Beckers Kritik an der zweifachen Australian-Open-Siegerin aufs schärfste:
“Lieber Boris Becker, Dein Ernst? Naomi Osaka ist nicht gesund! Depression ist keine Frage von Geld, Erfolg oder Luxus – Depression ist eine Krankheit, die leider jeden erwischen kann. Und es ist ein Thema, das über eine leichtfertig getroffene Aussage hinausgeht”, sagte die Vorstandsvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung, die sich der Erforschung und Behandlung von Depressionen verschrieben hat.
Boris Becker belächelte Osakas Depressions-Beichte
Becker hatte in einem Interview der Zeitung “The Times” über Osaka gesagt: “Wenn du mit den Medien nicht umgehen kannst, ist es sehr schwer, ein professioneller Tennisspieler zu sein. Und es ist schwierig, dein Preisgeld und das Geld deiner Sponsoren ohne die Medien zu verdienen.”
Zudem sinnierte er rhetorisch über Druck: “Ist das wirklich Druck? Ist es nicht Druck, wenn du kein Essen auf dem Tisch hast? Wenn du deine Familie ernähren musst und keinen Job hast? Du bist 23, du bist gesund, du bist reich, deiner Familie geht’s gut – wo ist da der verdammte Druck?”
Kommentare
Boris Becker beweist damit, dass auch völlig intelligenzbefreite Menschen sportlich erfolgreich sein können.
Den Erläuterungen von “LvM” ist nichts mehr hinzuzufügen.
Ein Betroffener.
Eine Depression ist eine schwerwiegende und sehr ernste Erkrankung, die jeden treffen kann und die sich niemand aussucht.
Niemand käme auf die Idee, einem Krebskranken vorzuwerfen, dass er an Krebs erkrankt ist, oder ihn aufzufordern, sich einfach mal zusammenzureissen und die Krankheit wäre wieder weg.
Eine Depression lässt sich genausowenig wegdenken wie eine Krebserkrankung. Die Aufforderung, sich mal zusammenzureissen ist eine Demütigung der Erkrankten. Es sind hunderte Millionen Menschen von dieser Krankheit betroffen. Sie leiden still und zurückgezogen, sie haben keine Lobby welche für sie schreit.
Der Leidensdruck, den die Krankheit erzeugt, ist so enorm, dass sich viele Betroffene dafür entscheiden, sich selbst zu töten. Das ist für jemanden der einen solchen Leidensdruck nicht selbst empfunden hat nicht nachvollziehbar.
Es kann jeden treffen – auch Spitzensportler, Manager, Minister – und niemand ist geschützt. Wir haben die Bezeichnung “Burnout” erfunden weil das anscheinend gesellschaftlich besser anerkannt wird. An Burnout darf man erkranken, an einer Depression erkranken anscheinend nur Schwächlinge.
Diese Haltung ist anmaßend und beleidigend der Betroffenen gegenüber.
Becker hat grundsätzlich recht! Frau Enke betrachtet aber nur Ihr Erlebtes. Und das ohne den von Becker mitbetrachteten finanziellen Kollaps.