Die BRICS-Staaten wollen die Dominanz des Westens brechen. Das machten sie am Dienstag in Johannesburg gleich zu Beginn ihres 15. Treffens deutlich. Das Bündnis der wichtigen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika umfasst knapp ein Viertel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Nun strebt es eine neue Weltordnung an.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa eröffnete als Gastgeber den Gipfel.APA/AFP/GIANLUIGI GUERCIA

Staatspräsident Wladimir Putin war nur per Video zugeschaltet. Aufgrund eines internationalen Haftbefehls war er nicht angereist. Bei seiner Rede sei er mit tosendem Applaus begrüßt worden, mehr als andere Redner nach ihm, wie der Ökonom Thomas Bachheimer auf seinem Blog bachheimer.com berichtet.

BRICS-Politiker zeigen sich nach außen zuversichtlich

Nachdem zuvor Matamela Cyril Ramaphosa, Präsident von Südafrika und Gastgeber, die BRICS-Staaten als „starke Kraft des globalen Wachstums“ bezeichnet hatte, kreiste Putins Rede zunächst um die industrielle Transformation und Technologie-Transfer als Hauptherausforderungen. Wenig verwunderlich strahlte der russische Staatspräsident Zuversicht aus: „Wir sind stärker als G7 in puncto Kaufkraft.“

Wladimir Putin war per Video zugeschaltet.APA/AFP/POOL/Mikhail KLIMENTYEV

Überdies sei Russland führend in der Bekämpfung des Welthungers mittels Lebensmittelproduktion, womit er auch schon beim kürzlich ausgesetzten Getreide-Deal mit der Ukraine anlangte, ein Thema, das auch Europa zurzeit beschäftigt. Das Abkommen dürfe nicht „politisch benutzt werden, was jetzt der Fall ist“, behauptete Putin, und gab dem Westen neuerlich die Schuld für das Aufkündigen des Getreideabkommens.

Der südafrikanische Präsident Ramaphosa (l.) schüttelt die Hände des indischen Premierministers Narendra Modi (r.) während des BRICS-Gipfels.APA/AFP/GIANLUIGI GUERCIA

Putin: Russlands vertragliche Bedingungen wurden nicht erfüllt

Keine der vertraglich festgehaltenen Bedingungen zur Erleichterung des Exports von russischem Getreide und Dünger sei erfüllt worden, klagte der Kremlchef. „Die Verpflichtungen gegenüber Russland diesbezüglich wurden einfach ignoriert“, behauptete er. Moskau werde die Blockade ukrainischer Häfen erst dann wieder aufheben und zum Abkommen zurückkehren, wenn alle russischen Forderungen erfüllt seien, so Putin weiter.

Putin erneuerte seine Kritik am Westen.APA/AFP/GIANLUIGI GUERCIA

Zuvor hatte Russland im Sommer 2022 seine Seeblockade ukrainischer Häfen unter Vermittlung der UNO und der Türkei beendet. Der dabei für zunächst nur vier Monate geschlossenen Getreide-Deal wurde mehrmals verlängert. In der Folge verließen mehr als 1000 Schiffe mit fast 33 Millionen Getreide die ukrainischen Häfen. Am 17. Juli lehnte Putin allerdings eine weitere Verlängerung ab.

Putins Vorwürfe betreffen offenbar unter anderem die Sprengung der Ammoniak-Pipeline Togliatti-Odessa – der eXXpress berichtete. Vor diesem Hintergrund war die Aufkündigung des Abkommens nicht wirklich überraschend.

Hintergrund: Worum es beim Dünger-Streit geht

Für Moskau ist der Betrieb der Ammoniak-Pipeline unerlässlich. Sie führt von Russland zu verschiedenen Schwarzmeerhäfen in der Ukraine. Im Zuge der Verhandlungen über das Getreide-Abkommen hatten sich Kiew und Moskau darauf geeinigt, die sichere Durchleitung von Ammoniak durch die Pipeline zu ermöglichen. Doch Kiew hat die Pipeline nie wieder geöffnet, obwohl die Vereinten Nationen die Ukraine im September 2022 nachdrücklich dazu aufforderte. Ammoniakdünger sind für die weltweite landwirtschaftliche Produktion entscheidend.

Moskau nannte die Wiedereröffnung der Pipeline als Bedingung für die Erneuerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative. Alle Hoffnungen wurden wenige Tage später zunichte gemacht, als ein Abschnitt der Pipeline auf ukrainischem Gebiet in die Luft gesprengt wurde. Wieder einmal schieben sich seither beide Seiten die Schuld zu. Russland spricht von ukrainischen Saboteuren, der Gouverneur der ukrainischen Oblast Charkiw behauptet, die Anlage sei durch russischen Beschuss zerstört worden.

Putin widmet den Schlussteil seiner Rede dem Getreide-Deal, der zahlreiche Länder, auch Europa, betrifft.APA/AFP/Marco LONGARI

Russland bietet sechs afrikanischen Ländern bis zu 50.000 Tonnen Getreide gratis an

Für die weltweit auch durch hohe Lebensmittelpreise gestiegene Inflation machte Putin beim BRICS-Gipfel ebenfalls einmal mehr den Westen verantwortlich. Zugleich bot er an, ukrainische Getreidelieferungen auf dem Weltmarkt durch russische Transporte zu ersetzen, „sowohl auf kommerzieller Basis als auch durch unentgeltliche Hilfe an die bedürftigen Länder.“ In einem ersten Schritt habe Russland beschlossen, sechs afrikanischen Ländern gratis zwischen 25.000 und 50.000 Tonnen Getreide zu liefern, sagte der 70-Jährige. Das Angebot hatte Putin bereits auf einem Russland-Afrika-Gipfel im Juli gemacht.