Möglicherweise gibt es aus ORF-Sicht sogar gute Gründe, nicht objektiv zu berichten. Das hat ZiB-Moderator Armin Wolf selbst – womöglich unbewusst – zugegeben. Im Juni 2018, knapp ein Jahr vor der Ibiza-Affäre, warnte er: „Die FPÖ will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen“. Fünf Jahre später erklärte er unumwunden in einem Podcast der „Zeit“: „Ibiza hat den ORF gerettet.“

Mit anderen Worten: Sollten die falschen Politiker bzw. Parteien an der Macht sein, muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk um seine Existenz bangen. Das klingt nach einem guten Grund, ihre Regierungsverantwortung mit allen verfügbaren Mitteln zu verhindern.

Man könnte Wolfs Worte auch als offenes Eingeständnis dafür werten, weshalb der ORF den kurzen Ausschnitt eines stundenlangen Videos mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte wochenlang de facto in Dauerschleife gezeigt hat. Kritiker des ORF sehen hier – und in zahllosen weiteren Fällen – schon längst tendenziöse Berichterstattung. Doch auch die breite Mehrheit der Österreicher hält die Berichterstattung auf dem Küniglberg nicht für neutral.

Wer im Sommer 2019 den Fernsehapparat einschaltete, hatte relativ gute Chancen, beim ORF neuerlich die Bilder aus Ibiza zu „bestaunen“.

Fast ein Drittel hält den ORF für politisch eher links

40 Prozent halten den ORF für neutral, 29 Prozent sehen ihn eher links, nur zehn Prozent eher rechts. Viele Österreicher sind keine leidenschaftlichen ORF-Zuseher: 21 Prozent fällt zur öffentlich-rechtlichen Berichterstattung schlicht nichts ein. Ihr Pech: Mit der neuen ORF-Steuer werden auch sie den ORF finanzieren müssen.

Zu diesem Umfrage-Ergebnis gelangte eine INSA-Meinungsumfrage für den eXXpress (Umfragezeitraum 4. bis 7. September, 1000 Personen).

Nicht in der Mitte der Gesellschaft verankert

Der ORF ist politisch nicht dort positioniert, wo es die meisten Österreicher sind. Die INSA-Umfrage bestätigt nicht zum ersten Mal: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht politisch weiter links als der Großteil der Bürger. Finanzieren sollen künftig dennoch alle dieses Programm, selbst jene, die sich für den ORF schlicht nicht interessieren.

Dass die Angst Armin Wolfs vor einem Ende des Gebührenfunks nicht unbegründet ist, zeigt die Beantwortung einer weiteren INSA-Frage: 67 Prozent lehnen die neue ORF-Steuer ab (der eXXpress berichtete).

Doch nicht nur die Zuschauer und manch heimische Politiker denken offen über ein Aus für die bisherige ORF-Finanzierung nach. Sobald man den Blick über Österreichs Grenzen hinaus richtet, muss man schon längst von einer europaweiten Entwicklung sprechen.

Immer mehr Länder schaffen die Rundfunkgebühren ab

Nur noch 21 der 56 in der Europäische Rundfunkunion (European Broadcasting Union, EBU) befindlichen Länder erheben zurzeit Rundfunkgebühren. Das sind gerade einmal 37,5 Prozent. Der große Rest – fast zwei Drittel – hat sich davon verabschiedet. Das geht aus einer Analyse der EBU und einer weiterführenden Statista-Recherche hervor (siehe Grafik). Als bisher letzter Staat hat Österreichs Nachbarland Slowakei das Gebührenmodell abgeschafft.

Eine spezielle Gebührenregelung wie in Österreich wurde bisher nur in Zentraleuropa und Nordafrika beibehalten, also etwa in Deutschland, Polen, Tschechien oder der Schweiz.

Österreich war bereits bei der Zulassung privaten Fernsehens und Radios europaweites Schlusslicht. Erst am 1. August 2001 war das Privatfernsehgesetz in Kraft getreten, das bundesweit ein privates Fernsehprogramm zugelassen hat. Drei Jahre zuvor war der flächendeckende Start für private Radiosender erfolgt. Möglicherweise wird Österreich auch bei der von vielen sehnlichst gewünschten Abschaffung der ORF-Steuer einem allgemeinen Trend erst verspätet folgen.