Weltweit höhere Steuern und weniger Wohlstandswachstum, vor allem in ärmeren Ländern – das bedeuten die Steuerpläne der US-Regierung unter Präsident Joe Biden, kritisiert der prominente US-Ökonom und Steuerexperte Daniel J. “Dan” Michell (62) von der Denkfabrik Cato Institute. Es geht um die “globale Mindestbesteuerung” von Unternehmen, die Bidens Kabinett nun durchsetzen will, um auf diesem Weg die Steuern weltweit zu harmonisieren – der eXXpress berichtete. Auf Begeisterung stößt die Idee vor allem bei Hochsteuerländern.

G-20-Finanzminister wollen offenbar mitmachen

Der Versuch von US-Finanzministerin Janet Yellen, den weltweiten Mindest-Steuersatz in der G20-Gruppe durchzusetzen, scheint Erfolg zu haben, wie sich nach Beratungen der Finanzminister am Mittwoch abzeichnete. “Ich bin so zuversichtlich wie schon lange nicht mehr”, sagte anschließend etwa der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Er begrüßte ausdrücklich, dass die neue US-Regierung einen internationalen Steuer-Wettbewerb nicht mehr hinnehmen wolle. Eine Einigung wäre ein Durchbruch für eine “fairere Steuergestaltung”. Schon im Vorfeld stieß die Idee – wenig überraschend – auf Gegenliebe bei Deutschland und Frankreich. Positiv angetan ist auch der Internationale Währungsfonds (IWF).

Ob Länder mit niedrigen Unternehmenssteuern sich dem Vorstoß ebenfalls anschließen werden, ist weniger gewiss. Schließlich haben sie ihre Steuerlast gesenkt, um Investitionen anzukurbeln. Der Vorstoß dämpft aber den Anreiz, den Sitz in steuerbegünstigte Länder zu verlagern, unterstreicht Gabriel Felbermayr, der neue Chef des heimischen Forschungsinstituts Wifo.

Daniel J. Mitchell erforscht seit Jahrzehnten die Steuerpolitik.Cato Institute

Abschaffung des Steuerwettbewerbs schadet Steuerzahlern

Ähnlich argumentiert Dan Mitchell. Ihm zufolge ist der Steuerwettbewerb, den die USA nun zurückdrängen wollen, generell im Interesse der Steuerzahler, denn er sei ein Anreiz, jegliche Steuern niedrig zu halten: “Ohne diesen Wettbewerb sind zu hohe Steuern und zu hohe Ausgaben der Regierenden die wahrscheinliche Folge, weil die Steuerzahler keine Möglichkeit haben, sich diesen hohen Steuern zu entziehen.” Mitchell verweist auf deutliche Senkungen individueller Steuersätze und Unternehmenssteuersätze in der Geschichte, dank des Steuerwettbewerbs. Auch verschiedene Formen der Doppelbesteuerung seien deshalb reduziert, manche Steuern sogar ganz abgeschafft worden.

“Diese wachstumsfördernden Steuerreformen sind nicht geschehen, weil Politiker meine Kolumnen gelesen haben”, meint Mitchell scherzhaft. “Sie haben vielmehr eine bessere Steuerpolitik beschlossen, weil sie Angst hatten, Arbeitsplätze und Investitionen an Länder mit einer besseren Steuerpolitik zu verlieren.” Davor fürchtet sich nun auch die US-Regierung. Sie will nämlich mehr Steuern von Amerikas multinationalen Unternehmen einnehmen. Der Gewinnsteuersatz soll von 21 auf 28 Prozent angehoben und die Mindeststeuer auf ausländische Gewinne auf 21 Prozent erhöht werden. Andere Länder sollen diesem Beispiel folgen. Ansonsten droht Amerikas Konzernen einen Nachteil im internationalen Wettbewerb. Die USA hätten dann einen höheren Steuersatz als eine Reihe anderer großer Volkswirtschaften.

Mitchell: "Weitere Steuerharmonisierungen werden folgen"

Offiziell will die US-Regierung mit ihrem Angriff auf Niedrigsteuerländer den “Wettlauf nach unten” bei den Unternehmenssteuersätzen beenden. Mitchell hält fest: “Wenn Politiker in der Lage sind, ein Steuerkartell zu schaffen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie die Steuersätze erhöhen.” Eine Abwanderung von Arbeitsplätzen und Investitionen müssten sie nicht mehr fürchten, wenn alle Länder dem “gleichen schlechten Ansatz” folgen müssen. Man werde auch bei Steuern auf Unternehmen nicht stehen bleiben, befürchtet Dan Mitchell. Als nächstes folge “die Harmonisierung (und Erhöhung) der Steuersätze auf Einkommen, Dividenden, Kapitalgewinne und andere Formen von Arbeit, Sparen, Investitionen und Unternehmertum.”

Was Mitchell besonders hervorstreicht: “Steuerharmonisierung verwehrt armen Ländern den besten Weg zum Wohlstand. Die westliche Welt wurde in den 1800er und frühen 1900er Jahren reich, als es eine sehr kleine Regierung und keine Einkommenssteuern gab. Das ist der Weg, den einige vernünftige Länder heute kopieren wollen, damit sie ihren Bürgern Wohlstand bringen können, aber das wird in einer Welt der Steuerharmonisierung nicht möglich sein.”