Auch die „New York Times“ musste kürzlich einräumen: „Zurzeit zahlen amerikanische Unternehmen jährlich etwa eine Milliarde US-Dollar an die staatliche russische Nuklearbehörde, um den Brennstoff zu kaufen, der mehr als die Hälfte der emissionsfreien Energie der Vereinigten Staaten erzeugt.“ Die Zahlungen für angereichertes Uran erfolgten „an die Tochtergesellschaften von Rosatom, die wiederum eng mit dem russischen Militärapparat verflochten sind“.

Nicht so recht passen will das zu jüngsten Forderungen der USA, russische Uranimporte gänzlich zu verbieten.

Uran bleibt weiterhin wichtig – auch wegen der US-Klimapolitik.APA/AFP/OLIVIER CHASSIGNOLE

US-Senator: Jeder Dollar unterstützt Putins brutalen Krieg

Am 9. März 2023 brachten sieben US-Senatoren eine parteiübergreifende Gesetzgebung zum Verbot der Einfuhr von russischem Uran ein. Der Republikaner John Anthony Barrasso (71), ein ranghohes Mitglied des Senatsausschusses für Energie und natürliche Ressourcen (ENR), argumentierte: „Jeder Dollar, den wir Russland geben, unterstützt Putins brutalen Krieg gegen die Ukraine“. Das mache es notwendig, die Einfuhr von russischem Uran zu verbieten und sich auf lokale Energieressourcen zu konzentrieren. Dazu sei die einheimische Atomindustrie auch bereit.

Das russische Frachtschiff Baltiyskiy 202 läuft mit Zylindern mit russischem Uran von St. Petersburg im Hafen von Dünkirchen (Nordfrankreich) ein.APA/AFP/Sameer Al-DOUMY

Doch anstatt die Einfuhren zu verringern, haben sie die USA noch erhöht, und dabei sogar einen neuen Rekord seit 2005 aufgestellt. Die russische Nachrichtenagentur Sputnik ließ es sich nicht nehmen, das anhand der Daten der US-Bundesbehörde zu berechnen. Demnach haben die Vereinigten Staaten im ersten Halbjahr 2023 416 Tonnen Uran von Russland gekauft. „Das ist 2,2-mal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres und die größte Menge seit 2005“, berichtet Sputnik triumphierend. 188 Tonnen Uran waren in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 von den USA gekauft worden.

696,6 Millionen US-Dollar an Russland

Damit stieg im ersten Halbjahr auch der Geldfluss nach Russland. „Die Kosten für importiertes russisches Uran beliefen sich auf 696,5 Millionen US-Dollar, was den höchsten Wert seit 2002 darstellt, dem Jahr, in dem die USA begannen, die Daten nach Monaten aufzuschlüsseln.“ Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Lieferkosten um das 2,5-Fache.

Ergebnis: Russlands Anteil an den Uranimporten der USA ist ebenfalls deutlich angewachsen, um stolze 13 Prozentpunkte auf 32 Prozent.

Biden kündigte an, den Uranabbau rund um den Grand Canyon zu stoppen. Ein entsprechendes Dokument hat er am 8. August unterzeichnet. Danach überreichte er US-Senatorin Kyrsten einen Stift (Bild).APA/AFP/Jim WATSON

Die Ankündigung der Senatoren war ähnlich erfolgreich, wie das Versprechen von Energie-Ministerin Leonore Gewessler, vollständig aus Gas auszusteigen. Entgegen den Erklärungen der Grünen-Politikerin importiert Österreich nach wie vor 80 Prozent des Erdgases aus Russland. Ein vollständiger Ausstieg würde den Steuerzahler 25 Milliarden Euro kosten.

USA von ausländischen Uran-Lieferanten abhängig

Was Senator John Anthony Barrasso und seine Kollegen möglicherweise nicht hinreichend bedacht haben: Die USA waren beim Uran zwar einst Weltmarktführer, haben aber die Anreicherung schon längst eingestellt – und das wird sich so schnell nicht ändern. Gleichzeitig dürfte die Abhängigkeit der USA von Kernenergie steigen, prognostiziert die „New York Times“, was auch mit der Klimapolitik zusammenhängt. Das Land möchte nämlich weniger auf fossile Brennstoffe setzen.

Da kein einziges US-Unternehmen noch Uran anreichert, ist die Folge nicht wirklich überraschend: „Etwa ein Drittel des in den Vereinigten Staaten verwendeten angereicherten Urans wird mittlerweile aus Russland importiert, dem billigsten Produzenten der Welt“, schreibt die „New York Times“.

Mitarbeiter in einer Urananreicherungsanlage im Kernkraftwerk Tricastin in Saint-Paul-Trois-Chateau, SüdfrankreichAPA/AFP/OLIVIER CHASSIGNOLE

Auch Importe aus Europa gestiegen

Der Rest stammt großteils aus Europa. Auch hier steigerten die Vereinigten Staaten ihre Urankäufe. 383,1 Millionen Dollar wanderten im Jahr 2023 an das Vereinigten Königreich, das knapp 18 % aller Importe ausmachte. Ein besonders stark war der Anstieg von französischen Exporten. Sie machten im Jahr 2023 immerhin 319 Millionen US-Dollar bzw. 15 %Prozent der Gesamtimporte aus. Im Vorjahr waren es noch 1,9 Millionen Dollar.