Bei der Festlegung des EU-Finanzrahmens im Jahr 2020 für die Jahre 2021 bis 2027 sowie des Corona-Aufbaufonds waren weder der Ukraine-Krieg noch die Inflation oder die hohen Zinsen vorhersehbar. Die Europäische Kommission schlug im Juni vor, das ursprüngliche Zwei-Billionen-Euro-Paket um weitere 65,8 Milliarden Euro aufzustocken. Doch das ist nicht alles: Das Europaparlament fordert nun eine zusätzliche Erhöhung des Budgets um weitere zehn Milliarden Euro. Eine Mehrheit der Abgeordneten (393 zu 136 Stimmen) stimmte in Straßburg dafür.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begründete die Aufstockung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU unter anderem mit der anhaltenden Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg. Für dieses Vorhaben sieht sie allein 17 Milliarden Euro aus dem Budget vor. Weitere 33 Milliarden sollen Kiew in Form von Krediten bereitgestellt werden.

19 Milliarden Euro für gestiegene Zinsen

19 Milliarden Euro sollen verwendet werden, um die gestiegenen Zinsen abzufangen. Gemäß dem Vorschlag der Europäischen Kommission sollen diese Mittel in Zukunft weitgehend außerhalb des regulären Haushaltsplans verwaltet werden. Das bedeutet: Im Falle weiter steigender Zinsen würde dieser Betrag automatisch und ohne erneuten Beschluss erhöht werden.

Weitere Mittel, wie vom Parlament vorgeschlagen, sollen für den Bereich Migration (2 Milliarden Euro) verwendet werden. Zudem soll damit die technologische Unabhängigkeit Europas gefördert werden (3 Milliarden Euro) und die Fähigkeit der EU zur Bewältigung unvorhergesehener Krisen gestärkt werden (5 Milliarden Euro).

Sondergipfel gefordert

“Die EU benötigt finanzielle Flexibilität für unerwartete Krisen”, sagte der CDU-Abgeordnete Daniel Caspary. Das Europaparlament stimmt dem zu, jedoch ist auch die Zustimmung der Mitgliedsstaaten erforderlich. Die einstimmige Entscheidung wird jedoch voraussichtlich erst beim Gipfel im Dezember getroffen.

Das Europaparlament argumentiert, dass das zusätzliche Geld im Haushalt 2024 bereits teilweise eingeplant ist. Die Zustimmung zur Erhöhung des Finanzrahmens ist daher notwendig, damit der Haushalt 2024 wie geplant verabschiedet werden kann. Daher wird jetzt die Einberufung eines Sondergipfels zur schnellen Einigung gefordert.

Mehrheit der ÖVP-Abgeordneten ist gegen zusätzliche Mittel

Die Mehrheit der ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament sprach sich gegen die zusätzlichen Mittel aus, mit Ausnahme von Othmar Karas, der dafür stimmte. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte der Forderung der EU-Kommission nach mehr Geld von den Mitgliedsstaaten bereits im Juni eine Absage erteilt. Die Verwendung bereits vorhandener Mittel sei “prioritär zu setzen, bevor man wieder neues Steuergeld von den Mitgliedsstaaten einfordert”, sagte er.