Eigentlich hätten die Truppen des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow in wenigen Tagen die Wagner-Positionen in Bakhmut übernehmen sollen. Die Übergabe war bereits vorbereitet. Doch nun kommt alles doch anders. Der Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, hat mit seiner lautstarken Kritik an der Militärführung den Druck auf Moskau erhöht. Dort lenkt man ein.

„Uns wurden so viel Munition und Waffen wie nötig versprochen“

Jetzt soll die russische Söldnertruppe Wagner nach eigenen Angaben tatsächlich die geforderte Munition und Verstärkung aus Moskau erhalten. „Uns wurden so viel Munition und Waffen versprochen wie zur Fortsetzung der Kampfhandlungen nötig“, sagte Prigoschin auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes. Zudem sei ihm Flankenschutz zugesichert worden, damit seine Einheiten nicht Gefahr liefen, eingekesselt zu werden.

Ungewöhnlich viele Kraftausdürcke benützte Prigoschin in einem Video, das er am 5. Mai 2023 auf seinem Telegram-Account postete. Hinter ihm waren Leichen gefallener Wagner-KämpferAPA/AFP/Handout/TELEGRAM/@concordgroup_official

Moskau hatte sich zunächst zu Prigoschins zweiminütiger Schimpforgie in einem Video geschwiegen. Der Wagner-Boss hatte am Freitag über fehlende Munition geklagt. Die Schuld sah er bei Verteidigungsminister Sergei Schoigu und dem Oberbefehlshaber der russischen Truppen Waleri Gerassimow – der eXXpress berichtete.

Russische Armee kontrolliert angeblich bereits 95 Prozent von Bakhmut

Mittlerweile kontrollierten die russischen Streitkräfte angeblich etwa 95 Prozent von Bakhmut, teilte Prigoschins Pressedienst auf Telegram mit. Die restlichen fünf Prozent spielten aber keine Rolle für den Marsch der russischen Armee Richtung Westen. „Zwei Quadratkilometer beeinflussen den Fortschritt der militärischen Operation überhaupt nicht.“

95 Prozent von Bakhmut sollen bereits in russischer Hand sein.

Prigoschins Wutanfall vor laufender Kamera haben Rätselraten ausgelöst. Einige Beobachter auf westlicher wie russischer Seite sprechen von einem Machtkampf innerhalb der russischen Armeeführung. Weil die Wagner-Gruppe nur ein Drittel der angeforderten Munition erhalten habe, sollte ihr ein Sieg in Bakhmut verwehrt werden, hatte der Wagner Boss geklagt. Damit hätte sie die reguläre russische Armee in den Schatten gestellt. „Wir hätten die Stadt Bakhmut vor dem 9. Mai eingenommen“, hätten „die Militärbürokraten“ nicht die Munitionslieferungen gestoppt, sagte Prigoschin.

War Prigoschins Kritik nur ein Täuschungsmanöver?

Der 9. Mai hat in Russland eine besondere Bedeutung: An diesem Tag wird dort alljährlich des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gedacht.

Andere sehen in Prigoschins Kritik ein klassisches Täuschungsmanöver. Schließlich heißt es bereits in „Die Kunst des Krieges“ des chinesischen Kriegstheoretikers Sun Tzu : „Jede Kriegsführung basiert auf Täuschung. Wenn wir angreifen können, müssen wir schwach erscheinen“, und: „Erscheine schwach, wenn du stark bist, und stark, wenn du schwach bist.“ Auch das ukrainische Militär hatte zuletzt Zweifel am angeblichen Munitionsmangel der Russen geäußert.

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