"Wie im Reisebüro": Bergsteiger-Ikone Reinhold Messner über die Schande am K2
Am Gipfel des K2 wurde gejubelt. Darunter kämpfte Mohammed Hassan um sein Leben. Geholfen hat ihm niemand. Für den Gipfelsieg gingen 70 Alpinisten buchstäblich über seine Leiche. Bergsteigerikone Reinhold Messner übte harte Kritik: “Solidarität ist einem Egoismus gewichen.”
Der 27-jährige pakistanische Höhenträger Muhammad Hassan lag in der gefürchteten Schlüsselstelle, der Flaschenhals-Traverse. Nach einem Sturz in den frühen Morgenstunden beim Montieren eines Fixseiles war der 27-Jährige offenbar zu schnell für tot erklärt worden. Rund 70 Alpinisten, darunter laut Berichten mutmaßlich auch die norwegische Extrembergsteigerin Kristin Harila und ihr Sherpa-Team, stiegen beim Auf- und Abstieg über den leblosen Körper oder gingen knapp daran vorbei. Inzwischen wurden Videos bekannt, die den Träger am Unglücksort noch am Leben zeigten.
Harila: "Haben unser Bestes getan"
Harila selbst äußerte sich am Donnerstag in einem ausführlichen Statement aufgrund “all der Missinformation und des Hasses, der nun verbreitet wird” und hielt fest, dass der Tod von Muhammad Hassan ein “tragischer Unfall” und niemandes Schuld gewesen sei. Die Bergsteigerin berichtete, dass sie selbst und Mitglieder ihrer Expedition versucht hatten, dem Verunglückten nach dem Sturz unter schwierigsten Bedingungen zu helfen. Nach eineinhalb Stunden verließen sie die Flaschenhals-Traverse, nachdem ihr Sherpas versichert hatten, dass Hassan Hilfe erhalten würde. Wenn sich zu viele Menschen in der Schlüsselstelle befinden würden, würde eine Rettung erschwert, so Harila.
Ein Expeditionsmitglied blieb noch länger bei Muhammad Hassan. Dieser musste allerdings weiter nach oben gehen, weil sein Sauerstoff – auch weil er dem Verunglückten Sauerstoff abgegeben hatte – knapp geworden war. Währenddessen gingen Bergsteiger an den beiden vorbei, die laut Harila den Ernst der Lage nicht erkannt hatten. Als Harila und ihre Begleiter die Flaschenhals-Traverse beim Abstieg passierten, sahen sie, dass Hassan verstorben war. Sie hatten allerdings nicht die Ressourcen, seinen Leichnam mitzunehmen. “Wir haben unser Bestes getan”, schrieb Harila. Man müsse nun daraus lernen – jeder der einen Gipfel besteige, brauche entsprechendes Training, Ausrüstung und Führung. Soweit Harila es mitbekommen habe, sei Hassan nicht entsprechend ausgerüstet gewesen. Dies sei nicht die Schuld des Trägers selbst gewesen, aber es zeige die Wichtigkeit, alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, meinte sie abschließend.
"Bedauerlich, dass niemand anhielt"
Für Bergsteigerlegende Messner sind die noch nicht erwiesenen Vorgänge keine Überraschung. Es handle sich um die Folgen des “Tourismus am Berg”, der den traditionellen Alpinismus, für den er sich ein Leben lang eingesetzt habe, zunehmend verdrängte. Man könne ja mittlerweile den K2 und andere höchste Berge “wie im Reisebüro buchen” und werde anschließend “von den Sherpas auf Pisten hinaufgebracht”. Diese “Expeditionen” hätten hunderte Teilnehmer – entsprechend herrsche auf den Bergen auch eine “Anonymität wie in der Großstadt”. “Man kennt sich nicht mehr. Es schaut jeder nur auf sich. Es gibt keine Hilfsbereitschaft und Empathie, wie es früher noch selbstverständlich war. Damals sind sogar Weltklassebergsteiger abgestiegen, wenn jemand anderer Probleme hatte, um ihm zu helfen.”
Dadurch, dass man solche Himalaya-Besteigungen mittlerweile “buchen” könne, gehe auch das Verantwortungsgefühl komplett verloren, so der Südtiroler, der natürlich auch den K2 erklommen hatte. Wenn einem die Verantwortung von vornherein komplett abgenommen werde, wie soll er dann in solchen Situationen ein Verantwortungsgefühl für andere entwickeln, fragte Messner. Die Folge sei Empathielosigkeit. Messner betonte gleichzeitig, dass man bei solchen Berichten vorsichtig sein müsse, weil es sich oft auch um Kolportagen von Leuten handle, die solche Geschichten erfinden würden, weil sie den Gipfel nicht erreicht hätten. Aber in dem Fall scheine es aufgrund mehrfacher Schilderungen wohl zu stimmen.
“Es ist bedauerlich, dass niemand anhielt, um dem sterbenden Mann zu helfen”, sagte unterdessen Abu Zafar Sadiq, Präsident des pakistanischen Alpinclubs, der Nachrichtenagentur dpa. Mehrere Lawinen seien am Unglückstag an einem Engpass am K2 ausgelöst worden, der schwierigsten und tödlichsten Stelle vor dem Gipfel. “Einige der Bergsteiger wurden von den Lawinen getroffen, aber zum Glück wurde niemand mitgerissen”, sagte Sadiq weiter. “Wie auch immer die Umstände waren, jemand hätte dem armen Kerl helfen müssen.”
Alpinisten hatten Tunnelblick
“Der Standard” hatte zuvor vom Tiroler Bergsteiger Wilhelm Steindl und einem deutschen Kameramann berichtet, die am Tag des Unglücks am K2 waren. Von dem Vorfall bekamen sie demnach zunächst nichts mit. Auf einer Drohnenaufnahme sollen sie dann den im Sterben liegenden Träger Hassan gesichtet haben, als sie bereits ins Basislager zurückgekehrt waren. “Er ist dort elendig verreckt. Es hätte nur drei, vier Leute gebraucht, ihn runterzubringen”, erklärte der Bergsteiger.
Steindl räumte gegenüber der dpa ein, dass die vorbeigehenden Alpinisten möglicherweise einen “Tunnelblick” gehabt hätten. Er könne nicht einschätzen, wie diese die Situation wahrgenommen hätten. Ein Bergsteiger habe den am Seil hängenden Träger in die Spur zurückgehievt. “Er wurde kritisiert, dass er einen Stau produziere”, meinte Steindl und fügte hinzu: “Für einen zahlenden Kunden aus dem Westen wäre auf alle Fälle eine Rettungsaktion gestartet worden”.
⚠️ Warning : Disturbing Video
— The Northerner (@northerner_the) August 6, 2023
Another video of Pakistani HAP Muhammad Hassan's dead body at the K2 Bottleneck.
He struggled for 3 hours hanging upside down to a rope & no one helped him but instead continued for summit.
Companies wins, humanity lost#Karakoram pic.twitter.com/htyIe6ye84
Kommentare
Es wird niemand von denen zur Verantwortung gezogen ,……. Wetten !
Ihr könnt alle Märchen und Geschichten erzählen wie ihr wollt.
Für mich sind diese Bergsteiger alles „E G O I S T E N“ die sogar über Leichen gehen.
Hätten alle jene Personen, die in der Nähe des Verletzten waren, zusammen angepackt, dann hätten sie den Verletzten problemlos „LEBEND“ bis ins nächstgelegene Lager bringen können.
Aber diesen Bergsteigern ist ein erklommener Gipfel wichtiger als ein Menschenleben. Aus meiner Sicht gehört für alle die den Verletzten im Stich gelassen haben um weiter auf den Berg zu gehen in Haft, wegen unterlassener Hilfeleistung.
das mag alles stimmen! Zum Umfeld hörte ich vor Jahren, dass die Bergsteiger allesamt Sponsorverträge hätten, da sich niemand eine solche Expedition leisten könne – und die Sponsoren erwarten eben, dass man oben war.
Irgendwo faszinierend, wie ein einzelschicksal herraus gespickt wird.
Faszinierend ist wahrscheinlich das falsche Wort. Ich will nicht herzlos erscheinen, aber jedes Jahr sterben Touristen und Bergführer auf ähnliche Art und Weise. Und keinen juckts, niemand nimmt Notiz!
Taggtäglich verenden zich-tausende Menschen, weil sie schlicht nichts, bzw nicht genug, zu essen haben, sterben an einfachsten Infektionen….
Wie viele Opfer gab und gibt es jeden Tag in diesen ganzen sinnlosen Kriegen und gewaltorgien ÜBERALL?
Opfer die nie ein “Gesicht” bekommen haben und nie eines bekommen werden. (bis auf herrausgepickte Einzelschicksale) Ganze Bücher und 24h live Berichterstattungen könnte man machen und würde noch immer, nicht ansatzweise das Geschehen abdecken.
-ABER WER WILL DAS SCHON SEHEN und jeden Tag daran erinnert werden?
Doch lieber beim Klima, U-Boot Touristen und herzlosen Bergsteigern bleiben und völlig bestürzt tun/sein! Aber den Rest der Welt ignorieren!
Hr. Messner, apropos „Tourismus am Berg“. Womit verdienten Sie sich Ihren Lebensunterhalt und wie war das damals mit Ihrem Bruder? Also halten gerade Sie den Ball flach.
Einfach mal das Video …
„Der Matterhorn Fail mit Reinhold Messner | 40 Jahre Verstehen Sie Spaß?“
… ansehen. Wie er sich aufplustert, weil auf einem Berg ein Kiosk steht.
@diese Frau Harila, ein wohlstandsverkommenes Subjekt,ist moralisch der letzte Dreck.
Warum wird sie nicht wegen unterlassender Hilfeleistung angeklagt?
Wurde Messner denn angeklagt? Sein Bruder War doch auch so im Berg verschwunden
Wieviel kostet es eigentlich seine Persoenlichkeit durch Erklimmung eines 8.000ers zu veredeln?
Ist man nachher medial gefragter als Experte fuer eigentlich eh alles?
Für Geld tut man alles, sogar Totschlag durch unterlassene Hilfe. Moralisch total verkommener Charakter, und im Nachhinein Ausreden und völlig dämliche Erklärungsversuche.
Der Vorbereiter des Massenalpinismus in dieser Region braucht nicht zu kritisieren. Vielzahler ziehen in Massen zu den Achttausendern, um ihre Komplexe loszuwerden und hinterlassen tonnenweise Dreck und Müll jeder Art. Das zeigt doch schon den Charakter dieser Spezies. Dass sowas noch nie passiert ist, glaubt doch kein Mensch. Wenn man in dieser Höhe kaum noch die Kraft hat, sich selbst hinaufzuquälen,dann hat man für alles andere kein Interesse mehr. Die Schuld liegt bei den gierigen Veranstaltern,denen Geld wichtiger ist als Menschenleben und bei denen,die aus Geltungssucht diese Art Tourismus vorgemacht haben.
Liegt vermutlich an der Sauerstoffrestschuld ab 5000m! Diese unsportlichen Kameradenschweine gehören vor Gericht. Unterlassene Hilfeleistung die grundessen zum Tod führte.
Hmm der Hr. Messner beim kritischen Blick auf andere ganz schnell dabei, der ist doch auch nicht so ganz unumstritten oder.
Jeder Mensch sollte sich dessen bewusst sein wer sich in Gefahr begibt kann darin umkommen, schlimm empfinde ich diese Fotografierer egal ob auf der Autobahn oder am Berg.
Wieso hat derjenige welcher Fotos macht oder mit der Drohne herumfliegt für so etwas Zeit, wo es doch gilt einen Verunglückten zu helfen, da ist doch die Empathielosigkeit oder gar eine Charakterschwäche erkennbar.
Super “Geile Story” vielleicht gibt’s mal was über Kinder die sterben weiles kein sauberes Wasser gibt wo sie leben.
“Wie im Reisebüro”
Ach was ? Und wer hat’s eröffnet ?
Doch nicht etwa der Herr Messner gar selbst ?
Ok, er könnte es auch auf Luis Trenker schieben.
Schon ziemlich kaputt die Leute. Liegt nicht nur an der dünnen Luft
Um welche Krankheit handelt es sich eigentlich bei Alpinismus?
Diese “Krankheit” lässt sich am Besten so erläutern.
”
Auf die Berge musst du steigen,
wird dir weh im dunklen Tal.
Auf den Bergen kommt zum Schweigen,
was dir Mühe macht und Qual.
Menschen, die auf Berge steigen,
widerspiegeln Sonnenlich.
Andere, die im Tal geblieben,
verstehen diese Sprache nicht
“
Klettersucht
😉
“Auf den Bergen kommt zum Schweigen,
was dir Mühe macht und Qual.”
In der Tat !
Habe vom Tunnelblick sehr weit oben schon gehört, das hier ist nicht der einzige Fall, vielleicht hats was mit dem fehlenden Sauerstoff zu tun. Ich glaube die anderen haben schon einen Höhenrausch. Das verändert die Einschätzung.
Wenn das Erklimmen des Berggipfeles wichtiger ist als ein Menschenleben, ist zum Zustand unserer Gesellschaft alles gesagt.
an die ganzen Empörten eine Frage: wenn sie für diese Tour viele Zehntausende Euro ausgegeben haben und sich auf dem Weg zum Gipfel “kämpfen”, würden sie wirklich diesen – für viele – Lebenstraum aufgeben, um einem Wildfremden in dieser Höhe, in der eine Rettung fast unmöglich ist, helfen????? Über die ach so schlimmen Hilfeverweigerer wird ja schnell und gerne hergezogen!!
Wer für soetwas mehrere zehntausend € ausgibt, ……..
Ohne eine einzige sekunde zu überlegen. Gehen Sie in sich, würden sie wirklich einen unbekannten sterben lassen um sich selbst einen Traum zu erfüllen ?
Demut als Schulfach,dass würde der verkommenen westl.Welt auf die Beine helfen.
Was für eine bescheuerte frage.
NA SICHER!!!
Und wenn ich nur daneben sitzen bleibe damit er in seinen letzten Minuten wenigstens noch Mitgefühl gezeigt bekommt.
Oida was is mit dir?
In den 80iger Jahren gab es die Zombie-Filme. Damals habe ich nicht verstanden, was das sein soll. Dank Ihres Kommentars heute schon. Seelen- u. empathielose Monsterwesen. Gut, dass wir bald KI-Roboter bekommen. Die haben kein krankes Ego, sind in der Lage, den Gipfel ohne Helfer zu erklimmen u. verfügen dazu noch über genügend Fitness, um anderen helfen zu können. Freue mich schon auf die Himalaya-Roboter-Challenges! Die Leute vor Ort mit deren Einstellungen und digitalen Messungen im Tal gefahrlos ihr Einkommen bestreiten können. Das menschliche Müllproblem ist damit ebenfalls Geschichte.
@sie sind ein Menchen verachtendes Subjekt
nein, Ali, garantiert nicht, aber einfach mal versuchen, bevor man blöd und beleidigend schreibt, das Hirn – falls vorhanden – einschalten!!!
Widerlich, einfach nur widerlich. Die Sherpa bringen all die sog. Bergsteiger nach oben und sie lassen ihn einfach noch lebend !! liegen.
Frau Harila, ihr Gipfelsieg ist wertlos und beschämend.
Zum Filmen war Zeit. Zum Helfen nicht.
Das hat eine Drohne gefilmt. Eine Drohne kann nicht helfen und ein Hubschrauber auch nicht. Der Mann hätte erst händisch in ein Basislager gebracht werden müssen.