Dschihadistische Kämpfer des syrischen Staatschefs Abu Mohammad al-Julani haben zwischen dem 6. und 8. März mindestens 830 Zivilisten ermordet, darunter viele Frauen und Kinder. Das berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte jedoch weit höher liegen – einige Quellen sprechen von fast 2.000 Toten. Die meisten waren Alawiten, aber auch Drusen, Christen und Kurden sind unter den Ermordeten.

In Brüssel, wo vor zwei Wochen die Sanktionen gegen das neue islamistische Regime aufgehoben wurden, will man das nicht wahrhaben – im krassen Gegensatz zu Washington und Jerusalem.

USA reagiert entschieden, Israel attackiert Syriens Regime

Die Vereinigten Staaten veröffentlichten am Sonntag eine Stellungnahme, in der sie das Massaker scharf verurteilten. Außenminister Marco Rubio erklärte darin: „Die Vereinigten Staaten verurteilen die radikalen islamistischen Terroristen, einschließlich ausländischer Dschihadisten, die in den letzten Tagen Menschen in Westsyrien ermordet haben. Wir stehen an der Seite der religiösen und ethnischen Minderheiten Syriens und sprechen den Opfern unser tiefstes Beileid aus.“

US-Außenminister Marco Rubio (Bild) verurteilt die Gewalt gegen syrische Minderheiten.APA/AFP/ALLISON ROBBERT

Einzig Israel ergriff auch Maßnahmen gegen die syrische Regierung und scheute nicht davor zurück, die neuen Machthaber in Damaskus zu kritisieren. Unmissverständlich äußerte sich der israelische Verteidigungsminister Israel Katz: „[Abu Mohammed] al-Julani hat sein Gewand gegen einen Anzug getauscht und ein gemäßigtes Gesicht gezeigt. Jetzt hat er die Maske abgenommen und sein wahres Gesicht enthüllt: ein dschihadistischer Terrorist der al-Qaida-Schule, der schreckliche Taten gegen die Zivilbevölkerung begeht.“

Israels Verteidigungsminister Israel Katz (Bild) spricht Klartext und greift den neuen syrischen Machthaber frontal an.APA/AFP/Menahem KAHANA

EU lenkt ab und schweigt

Die Europäische Union hingegen verfolgte eine völlig entgegengesetzte Linie. Statt die islamistische Regierung und ihre Milizen zu verurteilen, kritisierte sie lediglich Assad-treue Gruppen, die sich gegen die Regierung erhoben haben.

In einer Erklärung des diplomatischen Dienstes der EU vom 8. März hieß es: „Die Europäische Union verurteilt aufs Schärfste die jüngsten Angriffe, die laut Berichten von Assad-treuen Elementen auf die Streitkräfte der Übergangsregierung in den Küstengebieten Syriens verübt wurden.“

Über die Massaker der Dschihadisten verlor Brüssel kein Wort. Viele Beobachter sehen darin einen Versuch, die Taten des vom Westen unterstützten HTS-Regimes herunterzuspielen.

Deutschland auf Kuschelkurs mit Islamisten

Auch die deutsche Bundesregierung zeigte sich zurückhaltend. Das Auswärtige Amt veröffentlichte eine schwammige Stellungnahme, die keinerlei Schuldzuweisungen enthielt: „Wir sind schockiert über die vielen Opfer in den westlichen Regionen Syriens. Wir rufen alle Seiten auf, friedliche Lösungen, nationale Einheit und einen inklusiven politischen Dialog zu suchen.“

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte noch im Jänner in Riad angekündigt, dass nur Sanktionen gegen „Assads Handlanger, die schwere Verbrechen begangen haben“, bestehen bleiben sollten. Von den Gräueltaten des HTS-Regimes und ihres Anführers al-Julani war damals keine Rede.

Auch die deutsche Noch-Außenministerin Annalena Baerbock (Foto) fasst die Islamisten in Damaskus mit Samthandschuhen an.IMAGO/Christian Spicker

Islamisten überziehen Küstenprovinzen mit Terror

Zunächst hatten am Donnerstag regierungsfeindliche Kräfte in den Küstenprovinzen Syriens Militärstützpunkte angegriffen, zahlreiche Soldaten getötet und Waffen erbeutet. Daraufhin entsandte der syrische Regierungschef Abu Mohammad al-Julani tausende Kämpfer in die Region, die brutal gegen die Opposition vorgingen.

Die Wut der Dschihadisten richtete sich jedoch schnell gegen alawitische, drusische und christliche Zivilisten. Sie wurden aus ihren Häusern gezerrt, gefoltert und hingerichtet. Tausende flohen in Panik und suchten Zuflucht auf dem russischen Luftwaffenstützpunkt Khmeimim.

Grausame Enthauptungen und Hinrichtungen

In sozialen Netzwerken veröffentlichten die Islamisten Videos, die ihre Verbrechen dokumentierten. Die Aufnahmen zeigen grausame Szenen: Enthauptungen, Massenerschießungen und sadistische Folter. Berichten zufolge wurden viele Leichen als Abschreckung auf den Straßen zurückgelassen.

Entsetzen auch unter Assad-Gegnern

Die Angriffe gehörten zu den schlimmsten Gräueltaten seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs vor 14 Jahren, betont Rami Abdulrahman, Direktor der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Seine Kritik wiegt besonders schwer: Die syrische Beobachtungsstelle ist eine Anti-Assad-Organisation. Sie ist unverdächtig, mit angeblichen Pro-Assad-Kreisen zu sympathisieren. Abdulrahman wurde in Syrien dreimal inhaftiert, bevor er nach Großbritannien floh. Der Direktor der NGO hält fest: „Es geht nicht darum, für oder gegen das ehemalige Assad-Regime zu sein. Es geht um sektiererische Massaker, mit denen die alawitische Bevölkerung aus ihren Häusern vertrieben werden soll“.

HTS: Vom Westen hofiert, jetzt als Schlächter entlarvt

Die Massaker fügen sich in eine lange Liste von Verbrechen der islamistischen Übergangsregierung ein. Seitdem die Dschihadisten im Dezember die Macht übernahmen und Präsident Baschar al-Assad stürzten, haben sie systematisch religiöse Minderheiten verfolgt, kritisieren vor allem alawitische und Menschenrechtsorganisationen. Schon damals hatten Experten gewarnt, dass al-Julani und seine Organisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) lediglich eine neue Tarnung für al-Qaida seien. Die EU ignorierte dies und suchte stattdessen den Dialog mit den Islamisten.

Aufrufe zu Vergeltungsaktionen in Moscheen

Einige Organisationen verweisen auf Augenzeugenberichte, denen zufolge die Gewalt begann, als sich alawitische Dorfbewohner weigerten, einen Verdächtigen den Islamisten zu übergeben. Die Dschihadisten rächten sich mit brutalen Angriffen. In den Städten Latakia und Tartus wurden alawitische Viertel gestürmt, Männer exekutiert, Frauen und Kinder ermordet. Moscheen wurden als Versammlungsorte genutzt, um zu religiös motivierten Vergeltungsaktionen aufzurufen. Die Leichen der Ermordeten wurden öffentlich zur Schau gestellt.

Europa und Türkei setzen auf Islamisten-Regierung

Im Gegensatz zu den USA und Israel setzen die europäischen NATO-Mächte so wie die Türkei weiterhin auf al-Julani. Der deutsche Syrien-Sondergesandte Stefan Schneck und der EU-Gesandte Michael Ohnmacht forderten lediglich „Zurückhaltung von allen Seiten“ – eine Relativierung, die vielen als skandalös erscheint.

Die Opfer der Massaker sind vor allem Alawiten und Christen, also jene Gruppen, die von Assad einst geschützt wurden, sowie Drusen und Kurden. Donald Trumps Geheimdienst-Chefin Tulsi Gabbard hatte während des gesamten syrischen Bürgerkriegs vor solchen Szenarien gewarnt, falls Assad gestürzt würde.

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Kommentare

  • Andreas sagt:

    Die EU ist zu einem Monster geworden!

    12
  • zimbo sagt:

    Die Kallas hat den Job, weil sie empathielos ist.

    12
  • Hans im Glück sagt:

    Tausende verfolgte Alawiten, Drusen und Christen sind auf die Militärbasis der Russen in Hmeimim geflüchtet und erhalten dort Schutz vor den moderaten Islamisten wie es die Autokraten der EU bezeichnen. Ein widerliches Treiben was die EU hier liefert. Al-Jolani, der neue Machthaber Syriens, der “Dschihadist im Anzug“, wurde für nächste Woche nach Brüssel zu einer „Geber-Konferenz“ eingeladen, das gab die EU-Kommission am heutigen Tag bekannt. Pfui Teufel!

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    1. Bart sagt:

      Die EU schweigt weil es der Uschi gefällt.
      Diese Person ist bar jeglicher Moral

      16
  • kal las sagt:

    ..diese kallas scheint mir als kalabrische tante daherzukommen ohne scham oder würde …

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  • Der Investigator sagt:

    Nichts Neues, vdL und ihr Klon Kallas haben andere Prioritäten.

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  • Es ist auffallend, dass "die EU" sagt:

    grundsätzlich bei einer ganz genau definierten Religion “wegsieht”! Wenn ich mir historische Dokumente ansehe, dann hat dies aber weder Karl Marx, Lassalle, oder andere umstrittene ideologische Nachfahren dieser gemacht! Seltsamerweise waren dies nur Repräsentanten einer einzige Ideologie!!

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  • Blues sagt:

    Empörung alleine wird den Leuten dort nicht helfen.
    kritisch, ich weiß.

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    1. Nö! Einfach nur sagt:

      dumm ..

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      1. @ sagt:

        Gut geschminkt und gekleidet aber leider ohne Hirn.

  • Omega sagt:

    USA und Israel entsetzt über Massaker von Islamisten in Syrien – die EU schweigt
    Israel hat wohl kaum einen Grund entsetzt zu sein, denn die israelische Armee tötet auch viele Frauen und Kinder in Gaza. Man dreht Spitälern den Strom ab, wo schwer verletzte unschuldige Kinder operiert werden. Ist das etwa gerechtfertigt? Es gibt in der Knesset (israelisches Parlament) streng religiöse Parteien, die die Tötung aller Palästinenser verlangen und Gaza und das Westjordanland als israelisches Territorium ansehen, das von Palästinensern “gereinigt” werden muss. Das ist fast schon eine Kriegserklärung und auch dazu schweigt die EU.

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    1. Blues sagt:

      Macht es die Hamas anders? Und wer hat auf einem Open-Air unschuldige Zivilisten niedergemetzelt und Geiseln genommen? Gehört sich das?

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      1. Michael P. sagt:

        @Blues: Israel tötet seit Jahrzehnten Palästinenser, nimmt ihnen sukzessive das Land weg, zerstört Häuser und Infrastruktur, tötet die Menschen zu zig tausenden, bezeichnet die Freiheitskämpfer, die sich zu wehren beginnen, als Terroristen, um selbst gut dazustehen und wenn die Hamas einmal zu Gegenmaßnahmen greift, was leider auch zu Toten geführt hat, dann ist das offenbar ein willkommener Grund, um den Gazastreifen endgültig zu plätten. Die Israelis sind – von den USA und Deutschland gratis – bis an die Zähne hochgerüstet, die Palästinenser haben im Prinzip dem allen – Flugzeugen, Hubschraubern, Panzer, Kampfschiffen, U-Booten usw. – nichts entgegenzusetzen, sie haben nur ihr Leben, das sie einsetzen. Schon mal darüber nachgedacht?

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  • conciliateur sagt:

    Grundsätzlich hätte man sich erwarten können, dass durch die, mttlerweile von Frauen geprägte EU -( Außen ) Politik von Fr.v.d. Leyen, über Baerbock bis Kalas, aber auch vor allem den Politikerinnen in Skandinavien, es eine Wende zum Besseren ( Friedens- Politik ) eingeleitet werden würde. Fakt aber ist, dass mit jetzigen Politik al la EU, der Kriegsgeist nicht in seine Flasche zurückgezwungen werden wird ) kann. Der Krieg im Nahen – Osten wird jetzt noch weiter angefacht werden. Derzeit stehen einander, grob eingeteilt, auf der einen Seite Kurden die USA und der Iran, der Al- Kaida in neuem Gewand, der Türkei und finanzierenden Golfstaaten gegenüber. Israel nimmt einen Sonderstatus ein, weil sie sich zwischen einem feindlich gesinnten Assad und einer Israel vernichten wollenden Al Kaida entscheiden konnten ( mussten ). Dass sich Israel, wenn es seine anderen Konfliktherde im Griff hat. sich dieser antiisraelischen Terror -Keimzelle wird zuwenden müssen, steht außer Zweifel, alledings ensteht dadurch ein Konflikt mit der Türkei, die sochen schon mit IRAN zu erwarten hat, der mit den USA ( jeder für sich ) die Kurden ( eigenes Gebiet ) unterstützt, die sowohl der Türkei als auch der HTS in Syrien ein Dorn im Auge sind. Der gordische Knoten wurde, nicht zuletzt durch die gesteuerte Revolution gegen das Assad- Regime, das wenigsten berechenbar war und das Bombardement, des Westens, energischer Befürworter war Herr Sarkozy ,immer fester gezogen. Aber auch die EU wird die Folgen zu spüren bekommen, es wird das, was weitblickende Kräfte vorausgesagt haben, eintreffen: Niemand wird nach Syrien zurückkehren, im Gegenteil, zu den Assad- Asylwerbern, werden jenen der HTS – Verfolgten ( und dies wohl sogar zurecht ) zu uns flüchten.

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    1. Was wiederum zur Folge hat sagt:

      dass deren Konflikt bei uns ausgetragen wird ..

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  • Sog i sagt:

    Die EU Mafia wird Europa zerstören.

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