Zwei russische Geschäftsleute sollten am Mittwochnachmittag im Kurz-Prozess aussagen. Das tat aber nur einer der beiden – Valery Afinogenov. Der zweite Zeuge sagte krankheitsbedingt ab. Seine Aussage, sowie eine weitere Befragung von Ex-ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid durch den Richter wird daher erst am 23. Februar stattfinden. Somit ist der Mammut-Prozess noch immer nicht zu Ende.

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betritt den Gerichtssaal zum Prozesses gegen ihn wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss.APA/EVA MANHART

Fakt ist: Die heutigen Aussagen des russischen Geschäftsmanns Afinogenov stellen die Glaubwürdigkeit von Thomas Schmid als Zeuge in Frage. Der Ex-ÖBAG-Chef hatte behauptet, Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe beim Ibiza-U-Ausschuss seine eigene Rolle bei der Bestellung des ÖBAG-Vorstands kleingeredet. Um mutmaßliche Falschaussage von Kurz geht es bei diesem Prozess. Doch sagte Schmid selbst die Wahrheit? Oder gab er dem Druck der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nach und versuchte seine eigene Haut zu retten? Über all das sprach Afinogenov. Der Russe war aus der österreichischen Botschaft in Moskau per Video zugeschaltet.

Russen planten ein Großprojekt mit Thomas Schmid in Georgien

Afinogenov und sein erkrankter Geschäftsfreund hatten bereits zuvor eidesstaatliche Erklärungen abgegeben, denen zufolge Ex-ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid über „enormen Druck“ der WKStA auf ihn geklagt habe. Das bestätigte Valery Afinogenov nun auch vor Gericht. Er habe den Eindruck, dass Schmid auch von der Wahrheit abweiche, um seine Haut zu retten und um dem Druck der WKStA nachzugeben. Das wirft auch ein schlechtes Licht auf die WKStA-Staatsanwälte: Sie wollen ja Schmid weiterhin als Kronzeuge gegen Kurz behalten.

Man habe Schmid als CEO für ein nicht näher definiertes Großprojekt in Georgien gewinnen wollen, erzählte der russische Zeuge zunächst dem Richter. Das Treffen habe im August in Amsterdam stattgefunden. Dass Schmid weder Georgisch noch Russisch spreche, sei dabei nicht wichtig gewesen. Ebenso wenig, dass der Ex-ÖBAG-Vorstand keine Erfahrung im Ölgeschäft habe. Seinem Lebenslauf nach sei er sehr gut geeignet gewesen.

Schmid hat beschlossen zu kooperieren, um aus der Sache rauszukommen

Schmids Daten habe er von einem Kontakt in London bekommen, berichtete der Zeuge. Dieser sei ein hoher Manager mit guten Kontakten in Europa gewesen, begründete der Geschäftsmann das Interesse. Insgesamt habe es zwei Treffen in Amsterdam gegeben, eines zu zweit, beim nächsten sei ein Freund und Geschäftspartner Afinogenovs, Aleko A., dabei gewesen. Von den gegen Schmid anhängigen Gerichtsverfahren habe man aus dem Internet erfahren, schilderte der Zeuge.

Ein Urteil in dem Kurz-Prozess wird für 23. Februar erwartet.APA/EVA MANHART

Bei dem Gespräch habe Schmid erzählt, dass er zur Gruppe rund um Kurz gehört habe. Darüber hinaus habe er erwähnt, dass er von seinen Freunden sehr enttäuscht sei. Er werde nun für alles Schlechte verantwortlich gemacht. Er habe daher beschlossen, mit der WKStA zusammenzuarbeiten, um möglichst unbeschädigt aus der Sache rauszukommen.

Afinogenov: Schmid schlug sich auf die Seite der WKStA – um sie zu befrieden

Der Zeuge berichtet: Schmid habe von „sehr starkem Druck“ gesprochen, der von der Staatsanwaltschaft auf ihn ausgeübt werde. Er habe sich daher entschieden, auf deren Seite zu stehen. Auf die Nachfrage des Richters, was unter sehr starkem Druck zu verstehen sei, antwortete Valery Afinogenov: So konkret habe man das nicht besprochen. Schmid habe erklärt, dass er mit der WKStA zusammenarbeiten und Hilfe leisten will, damit die WKStA befriedigt werde. Der Zeuge weiter: „Ich hatte den Eindruck, dass Schmid auch bereit wäre, etwas zu sagen, was nicht ganz der Wahrheit entspricht und die WKStA befriedigen werde.“

„Können nicht einer Person vertrauen, die zu allem fähig ist, um sich selbst zu retten“

Auf den Hinweis des Richters, dass der Zeuge unter Wahrheitspflicht aussagt, entgegnet dieser: Er verstehe das sehr gut. Schmid habe erklärt, alles zu tun, um die WKStA „glücklich“ („happy“) zu machen. Von einer Lüge habe er explizit nicht gesprochen, weil der Ex-ÖBAG-Chef ein „kluger Kerl ist“, sagt der russische Zeuge.

Dass Schmid bereit wäre, gegen sein einstiges „Team“ vorzugehen, sei auch der Grund gewesen, warum man sich in nur wenigen Tagen von ihm gelöst habe, erzählte Afinogenov. Die Absage sei per SMS erfolgt. Er könne nicht einer Person vertrauen, „die zu allem fähig ist, um sich selbst zu retten“.

Kein Geld von Verteidigung bekommen

Dass der Zeuge Monate nach dem Treffen die eidesstättige Erklärung abgegeben habe, sei auf Wunsch der Verteidigung Kurz’ geschehen, die von einem Geschäftspartner des Zeugen von dem Inhalt des Bewerbungsgespräch erfahren haben soll. Geld dafür habe es „natürlich nicht“ gegeben.

Der Mittwoch hätte eigentlich der letzte Tag im Kurz-Prozess sein sollen, an dem Zeugen befragt werden. Nun soll der erkrankte Geschäftspartner des bereits befragten Russen am 23. Februar aussagen, der eigentlich als letzter Verhandlungstag vorgesehen ist. Auch Schmid will die WKStA noch einmal kurz ergänzend hören, eventuell via Video. Möglicherweise könnte an diesem Tag auch ein Urteil gesprochen werden.