Das Team des Kremlgegners Alexej Nawalny hat dessen Tod bestätigt. Das teilte seine Sprecherin Kira Jarmysch am Samstag auf X mit. Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja war in das Straflager im Norden Russlands gereist und habe dort die Todesnachricht erhalten. Allerdings fehlte am Samstag vom Leichnam des russischen Oppositionspolitikers jede Spur, heißt es. Jarmysch forderte, den Leichnam den Angehörigen unverzüglich zu übergeben.

Angeblich 30 Minuten lange Wiederbelebungsversuche

Den russischen Angaben zufolge ist verstarb der Oppositionspolitiker am Freitag um 14.17 Uhr Ortszeit. Nawalny habe sich nach einem Spaziergang schlecht gefühlt und sei ohnmächtig geworden. Ein Krankenwagen sei gerufen worden. Die eintreffenden Sanitäter hätten die Wiederbelebungsmaßnahmen fortgesetzt, die zuvor von Angestellten der Strafkolonie begonnen wurden. 30 Minuten lang habe man alles getan, doch am Ende seien die Bemühungen vergeblich gewesen, berichteten Ärzte des Städtischen Krankenhauses Labytnang der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Nawalny in EinzelhaftContributor/Getty Images

Gemäß weiteren Angaben Kreml-naher Medien erlitt Nawalny ein Blutgerinnsel. Das soll die gerichtsmedizinische Untersuchung ergeben haben. Angesprochen auf die Todesursache und das Blutgerinnsel sagte Putin-Sprecher Dmitri Peskow: „Ich weiß es nicht.“ Er kritisierte überdies die Reaktionen des Westens – der eXXpress brichtete.

Scharfe Kritik von Nawalny-Team

Als allerdings Nawalnys Mutter am Samstag eintraf, wurde ihr von einem Mitarbeiter des Straflagers ausgerichtet, der Leichnam Nawalnys befinde sich im Leichenschauhaus der 50 Kilometer vom Straflager entfernten Stadt Salechard. Das berichtet nun das Team des Kreml-Kritikers. Als sie allerdings hinreiste, um ihren Sohn zu identifizieren, war das Gebäude geschlossen. Telefonisch wurde ihr und einem mitgereisten Anwalt mitgeteilt, der Leichnam befinde sich doch nicht im Leichenschauhaus.

Nawalny nahm 2019 gemeinsam mit seiner Frau Julia (l.) an einem Marsch zum Gedenken an den Oppositionsführer Boris Nemzow teil, der vier Jahre zuvor erschossen wurde.Sefa Karacan/Anadolu Agency/Getty Images

Einem anderen Anwalt Nawalnys sei gesagt worden, dass die Todesursache noch nicht bekannt und eine weitere histologische Untersuchung erfolgt sei, deren Ergebnisse in der nächsten Woche zu erwarten seien, schrieb Jarmysch. „Es ist offensichtlich, dass sie lügen und alles unternehmen, um den Leichnam nicht zu übergeben.“ Den Anwälten sei lediglich mitgeteilt worden, dass die Untersuchungen „nichts Kriminelles“ ergeben hätten. „Die lügen ständig und führen uns im Kreis herum.“

Wilde Spekulationen wegen Freilassungsplänen

Angeblich soll seit Wochen über eine mögliche Freilassung Nawalnys spekuliert worden sei, berichtet die „Bild“. Demnach hätte ein Gefangenentausch stattfinden sollen: Der inhaftierte Oppositionspolitiker hätte gegen den Kreml-Agenten Wadim Krassikow (58) eingetauscht werden sollen, der 2019 einen russischen Regime-Gegner im Kleinen Tiergarten in Berlin getötet hatte. Er befindet sich seitdem in Haft ist.

Hätte Nawalny bald in Freiheit sein sollen?Sefa Karacan/Anadolu Agency via Getty Images

Putin wolle seinen Agenten angeblich unbedingt zurückhaben. Im Gegenzug wären Nawalny und der ebenfalls eingesperrte „Wall Street Journal“-Journalist Evan Gershkovich (33) freigelassen worden. Das heizt nun wilde Spekulationen an, für die es aber keinen Beleg gibt. So wird etwa gemutmaßt, Putin glaubte seinen Tiergarten-Spion auch ohne Nawalny freizubekommen und habe daher dessen Tötung angeordnet. Oder aber – zweite Variante – ein radikaler Kreml-Flügel steckte hinter dem Tod, der jegliche Verhandlungen mit dem Westen unbedingt vermeiden will.

Schließlich besteht aber auch noch die Möglichkeit, dass der Tod schlicht von niemandem geplant war.