Prosciutto und Mousse von der Zartbitterschokolade, dazwischen Grillspezialitäten. Dass es sich die Führungsetage des größten Spitals Österreichs beim Sommerfest gut gehen ließ, sorgt nicht zuletzt bei vielen Ärzten für Zornesfalten. Die Lage im Gesundheitssystem ist prekär. Der eXXpress berichtete bereits über den Warnstreik der Klinik Ottakring vergangenen Freitag. Ein Hilferuf der Ärzte nach mehr Personal und Zulagen für die psychisch und physisch extrem belastenden Dienste.

Ärzte hoffen, dass Politik sie ernst nimmt

Aus ganz Österreich bekamen die Mediziner große Rückendeckung. Die Hoffnung des Streikkomitees, die erheblichen Probleme im öffentlichen Gesundheitswesen sollen nicht mehr klein geredet werden. Angesichts der Bilder ausgelassener Sommerfeste bleiben aber Zweifel, ob diese Hoffnung berechtigt ist.

Dramatische Lage in Wiens Spitälern

Besonders prekär ist die Situation auch in der Klinik Favoriten. Seit Dezember des Vorjahres ist dort die Überwachungsstation bereits geschlossen, weil die Anästhesisten fehlen. Wer nach einer Operation intensivere Betreuung braucht, kann also nicht mehr adäquat behandelt werden. Das betrifft aber freilich nur jene Patienten, die überhaupt das Glück hatten, einen OP-Termin zu ergattern. Verschärfend ist nur die Hälfte der acht OP-Säle in Verwendung.

Mehr Geld um Kollaps zu verhindern

Die bereits angesprochenen Streiks in Ottakring werden kein Einzelfall bleiben. Zahlreiche Abteilungen in den Spitälern haben sich bei der Ärztekammer bereits für Streikschulungen angemeldet. Die Belegschaft rüstet sich also für den Arbeitsstreit, während die Leitung feiert. „Seit Monaten herrscht in den Wiener Spitälern Ausnahmezustand, eine noch nie zuvor gesehene Personalflucht greift um sich, das Gesundheitspersonal läuft in Scharen davon“,  klagt Stefan Ferenci, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer. Es werde kein Weg daran vorbeiführen, mehr Geld ins System zu investieren, um das Personal zu halten und einen Kollaps zu verhindern. Erst dann könne man sich den strukturellen Problemen in Österreichs Gesundheitswesen widmen – und erst dann sollte man wieder Feste feiern.

Aussendung des AKH Wien

Am Donnerstag meldete sich die Leitung des  AKH per Aussendung zu Wort. Sie sei an der Organisation des Fests in keiner Weise involviert gewesen und war auch nicht eingeladen, da es keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Spitalsbetrieb gibt.

Weiter heißt es dort: “Unter anderem weist das auf der Einladung aufgedruckte Logo deutlich auf die tatsächliche Veranstalterin hin. Von Seiten der Spitalsleitung sehen wir es als Zeichen der Wertschätzung, dass sich die MedUni Wien bei den niedergelassenen Allgemeinmediziner*innen, bei den Studierenden und den Vertreter*innen von Hospitationseinrichtungen, die am KPJ-Programm teilgenommen haben, mit einem Fest bedankt hat.”

Genau anhand dieses (in unserem Bericht verwendeten) Folders kann sich jeder Leser auch selbst ein Bild machen: Die Medizinische Universität Wien ist die größte medizinische Lehranstalt in Österreich, zählt zu den bedeutendsten Forschungsinstitutionen Europas und stellt das gesamte Ärztepersonal für das Wiener AKH.

Ist unser Gesundheitssystem noch zu retten?