Die EU hat X (früher Twitter) nun hochoffiziell den Krieg erklärt – der eXXpress berichtete. Im Kern geht es bei dem Kampf mit Elon Musks Social-Media-Unternehmen um nichts Geringeres als unsere Meinungsfreiheit, warnt „Brussels Signal“. Eine beispiellose Welle von Zensur könnte nun auf uns zurollen. „Lassen Sie sich nicht täuschen: Der Krieg der EU gegen X ist ein Krieg gegen die Redefreiheit“, titelt das Online-Medium.

Angeführt wird dieser Krieg von der EU-Spitze, konkret EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und von Europas sogenanntem „digitalem Vollstrecker“, Thierry Breton, dem EU-Kommissar für den Binnenmarkt.

Europas „digitale Vollstrecker“: der französische EU-Kommissar Thierry Breton.APA/AFP/Ludovic MARIN

Der Digital Services Act (DSA): ein verhängnisvolles Zensurgesetz

Die EU rechtfertigt ihre Vorgangsweise mit dem kürzlich beschlossenen Digital Services Act (DSA), vor dem Experten, Wissenschaftler und Medien schon vor Monaten gewarnt haben – darunter auch der eXXpress. Nun bestätigen sich die Befürchtungen: Der DSA entpuppt sich als neues digitales Zensur-Gesetz.

Seit 25. August verpflichtet der DSA große Online-Plattformen wie X dazu, illegale Inhalte, Hassreden und so genannte Desinformationen umgehend zu löschen. Jenen Social-Media-Riesen, die sich nicht daran halten, droht seither eine Geldstrafe von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten (!) Jahresumsatzes. Mehr noch: Ihnen kann sogar die Lizenz für den Betrieb in der EU entzogen werden.

EU spricht von „Schutz der Demokratie“

Elon Musks Social-Media-Unternehmen soll seine DSA-Verpflichtungen nicht eingehalten haben, kritisiert Brüssel jetzt. Illegale Inhalte seien nicht wie gefordert entfernt worden. Im Vergleich zu anderen Websites würde X ein höheres Maß an Desinformation zulassen, hatte die EU schon im September erklärt und leitete im darauffolgenden Monat eine Untersuchung gegen X ein. Es gehe um den Schutz der politischen Freiheit, behauptet Thierry Breton: „Wir werden unser gesamtes Instrumentarium nutzen, um unsere Bürger und Demokratien zu schützen.“

Näher besehen wollen die EU-Eliten nur jene Online-Beiträge zulassen, die mit ihren eigenen Narrativen übereinstimmen. Das zeigt sich nun mit Blick auf die „Faktenprüfer“ der EU – sprich: die Europäische Beobachtungsstelle für digitale Überwachung. Dieses von der Kommission finanzierte Zentrum für Faktenüberprüfung hat kürzlich einen Bericht über „Desinformationsnarrative bei den Wahlen 2023 in Europa“ veröffentlicht und gelangt darin zu bemerkenswerten Einschätzungen.

Was gemäß der EU unter „Fake News“ fällt

Vor den Wahlen in Estland haben Beiträge im Netz erklärt, dass erneuerbare Energien teurer seien als Gas. Gemäß den EU-„Faktenprüfern“ ist das falsch.

Das nächste Beispiel betrifft Spanien: Dort sind in den ersten zehn Monaten dieses Jahres 43.000 illegale Migranten gelandet. Behauptungen, denen zufolge Migration Gewalt verursachen oder „öffentliche Gelder verschlingen“ könne, fallen gemäß dem „EU-Faktencheck“ unter Desinformation.

Migranten kommen in einem Boot am Hafen von La Restinga auf der spanischen Kanareninsel El Hierro an, die mit einer beispiellosen Welle von Migranten aus Afrika zu kämpfen hat.APA/AFP/STRINGER

Gleiches gilt für die Kritik des Politikers Santiago Abascal am spanischen Gesetz zur geschlechtsspezifischen Selbstidentifizierung. Der Parteivorsitzende der konservativen und EU-skeptischen Vox-Partei sah Frauen durch dieses Gesetz bedroht. Aus EU-Sicht ist auch das ein klarer Fall von Fake News.

Die Kritik des spanischen Politikers Santiago Abascal am neuen Gesetz zu geschlechtsspezifischen Selbstidentifizierung fällt nach Ansicht der EU unter Falschinformation.APA/AFP/OSCAR DEL POZO

„Jede Kritik an der EU kann als ‚hasserfüllter Inhalt‘ gelten“

„Mit anderen Worten: Politische ‚Narrative‘, die sich gegen die von der EU favorisierte Politik in den Bereichen Klimawandel, Einwanderung und LGBT-Fragen richten, werden von der EU-eigenen ‚Faktenüberprüfung‘ als ‚Desinformation‘ bezeichnet“, kritisiert „Brussels Signal“. Brüssel will kontrollieren, was die EU-Bürger online lesen können – und was nicht.

Genau davor haben zahlreiche Kritiker schon vor Monaten gewarnt. Der Buchautor Charles-Henri Galloi, der überdies Präsident von Frexit ist, einer Bewegung für Frankreichs EU-Austritt, bemängelte etwa: Der DSA will hasserfüllte Inhalte und Aufrufe zur Revolte verbieten, doch er definiert nirgendwo, was er darunter versteht. Die Folge: „Jede Kritik an der EU oder einer Regierung kann darunter fallen.“ Überdies entscheiden nicht unabhängige Richter, was Hassrede ist, sondern die EU und ihre Regierungen.

X hat 35.006 Berichte über „illegale Äußerungen“ erhalten – aber nur 11.945 verstoßen gegen die Richtlinien

Einen anderen Weg beschreitet Elon Musk. Er hat bereits den Kauf von X mit der Verteidigung der freien Meinungsäußerung begründet. Seither machte er X aber nicht zum Tummelplatz für allmögliche Hassreden, wie behauptet wird. X beseitigt tatsächlich gefährliche Inhalte, wie Aufrufe zur Gewalt, Verleumdungen etc. Allerdings warnt das Unternehmen vor Übertreibungen: „Die Risiken, dass man sich bei den Extremen vertut, sind groß: Einerseits kann man wirklich gefährliche Inhalte zulassen, andererseits besteht die Gefahr der Zensur“, schreibt es.

Kritiker behaupten: Unter Elon Musk erlebe X einen Wildwuchs an Falschinformationen. Das stimmt näher besehen nicht.

Vom 28. August bis zum 20. Oktober hat X aus EU-Ländern insgesamt 35.006 Berichte über „illegale oder schädliche Äußerungen“ erhalten. Doch in 23.061 Fällen – beim Großteil – wurde nicht gegen die Richtlinien verstoßen. Gegen sie hat X daher keine Maßnahmen ergriffen. Beiträge, die „schrecklich, aber rechtmäßig“ sind, würden höchstens in ihrer Reichweite reduziert, aber nicht gelöscht.

Dem EU-Kommissar Breton ging das nicht weit genug, wie er schon im Oktober kritisierte.

X versucht politisch neutral und politisch unvoreingenommen zu bleiben

Darüber hinaus legt X darauf wert, politisch neutral zu bleiben. Das zeigt etwa die neue Funktion „Community Notes“: Bestimmte X-Nutzer können zu einem viralen Beitrag, der vielleicht falsch oder irreführend ist, eine Community-Notiz verfassen. Danach stimmen die Nutzer ab, ob diese Notiz beim Beitrag auch erscheint. (Der Beitrag wird in der Folge nicht gelöscht.) Mit Hilfe eines Algorithmus will X aber politische Voreingenommenheit vermeiden: Ein Hinweis wird vor allem dann angezeigt, wenn ihn Nutzer verschiedener politischer Überzeugungen als hilfreich einstufen.

Anstelle von „pseudounabhängigen ‚Faktenprüfern‘“ können die Nutzer selbst „abwägen, was sie für wahr halten“, lobt „Brussels Signal“. Doch genau das passt Brüssel anscheinend nicht.

X hat auf die EU-Kritik bereits reagiert. Das Unternehmen erklärte sich bereit „mit dem Regulierungsprozess zusammenarbeiten“. Die Social-Media-Plattform warnt aber: Es sei „wichtig, dass dieser Prozess frei von politischem Einfluss bleibt und dem Gesetz folgt“. Das könnte sich als frommer Wunsch herausstellen.