Der Mega-Posten für Karl Nehammer empört derzeit viele Österreicher: Ohne jede Erfahrung in der Finanzwelt soll der Ex-Kanzler Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB) werden – mit einem Monatsgehalt von 31.536 Euro brutto. Zum Vergleich: Selbst der Bundespräsident verdient weniger.

Laut einer knappen Auskunft des Finanzministeriums an den exxpress wurde die „offizielle Nominierung“ vergangene Woche an die Gremien der EIB übermittelt. „Nach einer formalen Befassung der Gremien der EIB ist der Amtsantritt für September 2025 terminisiert“, heißt es weiter.

Keine Bewerbungsmöglichkeit, keine nachvollziehbare Auswahlentscheidung

Doch der Ablauf dieser Nominierung ist hochgradig brisant: Keine öffentliche Ausschreibung, keine Bewerbungsmöglichkeit, keine erkennbare Auswahlentscheidung – und kein Ministerratsbeschluss. Dieser sei laut Finanzministerium auch „nicht notwendig“.

Nur: Im Regierungsprogramm steht etwas anderes. Dort heißt es, Posten sollen künftig „transparent“, „objektiv“ und „entlang der geforderten Qualifikationen“ vergeben werden. Davon ist hier nichts zu sehen.

Der ÖVP-SPÖ-Deal pfeift auf Statuten und Vorgaben

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) nominierte Nehammer laut Medienberichten im Alleingang. Das war Insidern zufolge Teil eines Koalitionsdeals (ohne Wissen der darüber gar nicht glücklichen NEOS): Die SPÖ bekommt das Finanzministerium, die ÖVP den EIB-Vizepräsidenten.

Offiziell wird das freilich dementiert. Doch der eigentliche Skandal ist ein anderer: Durfte Marterbauer Nehammer überhaupt nominieren? Die Antwort lautet: Nein – laut den Statuten der EIB war er dazu gar nicht berechtigt.

„Ein Minister darf das gar nicht“

Der Europarechtsexperte Stefan Brocza unterstreicht dazu im Kurier. Laut EIB-Satzung liegt das Vorschlagsrecht ausschließlich beim Verwaltungsrat – nicht bei einem Minister. Marterbauer ist lediglich Mitglied des Rates der Gouverneure – dort sitzt ein Minister pro EU-Staat – , aber dem EIB-Verwaltungsrat gehört er nicht an.

„Ein Vorschlags- bzw. Nominierungsrecht für Gouverneure ist im EIB-Statut nicht vorgesehen“, erklärt Brocza. Das Schreiben des Ministers könne daher höchstens als informelle Mitteilung gewertet werden – und sei damit rechtlich irrelevant.

Inoffizielle Weisung an die Beamtin?

Der Fall bekommt eine besonders österreichische Note, wenn man sich die Personalien ansieht: Österreichs Vertreterin im EIB-Verwaltungsrat heißt Karin Rysavy, und sie ist – wie passend! – langjährige Beamtin im Finanzministerium. Das österreichische Mitglied im Verwaltungsrat untersteht damit direkt Marterbauer, also genau jenem Minister, der ihr mitteilen könnte, welchen Kandidaten sie in Brüssel zu unterstützen habe.

Was auf dem Papier wie eine normale „Nominierung“ aussieht, könnte in Wahrheit also eine inoffizielle Weisung an eine weisungsgebundene Beamtin sein – getarnt als Verwaltungsakt. Von Transparenz und demokratischer Kontrolle ist das weit entfernt. So funktioniert österreichischer Postenschacher auf höchster EU-Ebene.

Minister nominiert, Minister bestellt

Besonders bemerkenswert: Marterbauer gehört wie gesagt zwar nicht dem Verwaltungsrat an, ist aber Teil des Rates der Gouverneure – jenes Gremiums, das dann auf Basis eines Vorschlags des Verwaltungsrates die Mitglieder des EIB-Direktoriums auch ernennen soll. Heißt im Klartext: Der Minister bestellt am Ende den Kandidaten, dessen Nominierung er selbst „inoffiziell“ in die Wege geleitet hat, offiziell aber auf Grundlage eines Vorschlags eines anderen Gremiums.

Finanzministerium wiegelt ab

Eine Anfechtung der österreichischen Nominierung durch andere EU-Staaten ist eher unwahrscheinlich. Der Reputation Österreichs schadet dieser Ablauf aber. Denn der Eindruck entsteht, dass wichtige EU-Posten parteipolitisch vergeben werden, und nicht nach Qualifikation.

Auf eine ausführliche Anfrage von exxpress antwortete das Finanzministerium knapp: „Die offizielle Nominierung […] wurde entsprechend dem vorgesehenen Procedere an die Gremien der EIB gemeldet.“ Ob dieses „Procedere“ auch mit der vielbeschworenen Transparenz des Regierungsprogramms vereinbar ist? Dazu schweigt das Ministerium.

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