Mit Hilfe einer „Geisterflotte“ schmuggelt Russland sein Öl an den Sanktionen vorbei. Der eXXpress berichtete darüber bereits im August. Nun zeigt sich: Die Methode hatte Erfolg. Putins „Schattenflotte“ war offenbar rund um die Uhr im Einsatz und konnte andere Häfen – vor allem in Asien – weiterhin mit hohen Mengen Rohöl zu den marktüblichen Preisen beliefern.

Zuvor hatten die EU und die G7 im Dezember 2022 eine Preisobergrenze für Rohöl aus Russland festgelegt. Damit wollten sie die Öl-Einnahmen des Kremls drosseln. Westliche Unternehmen müssen seither von russischem Rohöl die Finger lassen, sofern es mehr als 60 US-Dollar je Barrel kostet.

Russland war auf Sanktionen offenbar vorbereitet

Doch der Transport russischen Rohöls nach China und in andere asiatische Häfen ging weiter. Eine zentrale Rolle spielten dabei offenbar alte Tanker mit unklaren Besitzern und Versicherern. Man spricht von Putins „Geister-“, „Schatten“- oder „dunkle“ Flotte, mit der Moskau die Preisobergrenze umgehen kann. Russland dürfte sich auf die Strafmaßnahme bereits Monate zuvor vorbereitet haben. Als sich die Sanktionen abzuzeichnen begannen, wurden plötzlich alternde Rohöltanker in hoher Zahl gekauft, von Käufern, die dem Markt bis dahin unbekannt waren. Das Ergebnis: Russlands Öl-Einnahmen fließen weiterhin reichlich.

Fast die Hälfte aller russischen Ölexporte erfolgte heuer über solche intransparente Transporteure, die mit schlecht versicherten, veralteten Tankern als Havarie-Risiko die Weltmeere befahren. Gemäß der Online-Nachrichtenagentur Bloomberg schaffen es bis zu elf Milliarden Dollar aus dem illegalen Ölgeschäft über verschlungene Wege zurück nach Russland. Tanker verschleiern ihre Positionen, um das schwarze Gold heimlich in russischen Ölhäfen abzuholen oder auf hoher See umzuladen.

De facto kein russisches Geld unter 60 Dollar pro Barrel verkauft

Westliche Diplomaten räumen ein: De facto wird kein russisches Öl für weniger als 60 Dollar je Barrel verkauft. Moskau brüstet sich offen damit, dass der Preisdeckel wirkungslos ist. Bloomberg zufolge verdient Russland zeitweise sogar mehr mit dem Verkauf von Öl als vor dem Einmarsch in die Ukraine.

Selbst in Europa wird der Deckel meist nicht mit der vorgeschriebenen Strenge durchgesetzt, und außerhalb des Westens machen viele Reeder, Händler und Versicherer nicht mit. Fast drei Viertel aller russischen Ölexporte auf dem Seeweg werden ohne westliche Versicherung abgewickelt.

Russisches Öl landet in Europa – über Indien

Indien hat sich als größter Nutznießer der Situation herausgestellt. Seit dem Überfall auf die Ukraine hat sich Indiens Ölimport aus Russland verdoppelt. Indische Firmen kaufen russisches Öl, verarbeiten es weiter und liefern es in den Westen. Dieser Trend hatte sich bereits im ersten Jahr nach Verhängung der Sanktionen abgezeichnet: Russisches Öl landet auf dem Umweg über Indien weiterhin in Europa.

Ein Jahr nach Einführung des Preisdeckels hat die EU nun neue Maßnahmen beschlossen, um die Durchsetzung der Obergrenze zu verbessern. Reeder und Versicherer müssen nun detailliertere Angaben machen. Doch das dürfte Putins Öl-Milliarden kaum stoppen. Die entscheidende Frage wird wohl sein, ob der Westen bereit ist, seinen Bürgern die mit einem kompletten Verbot des russischen Öltransports verbundene Preisexplosion zuzumuten.