Kolumne
1 Mai. 2024 | 06:08
Bernhard Heinzlmaier: Die Kunst der Anbräunung und der Menschenhatz
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich Europa auf dem Weg in eine Wahnkultur befindet, in der nach einer manichäischen Doktrin die gesamte Bevölkerung aufgrund der absoluten Kategorien „Gut“ und „Böse“ eingruppiert werden soll. Wie einst in den grausamen Fantasien der monotheistischen christlichen Apokalyptiker, sehen offensichtlich die herrschenden Geisteseliten die Welt auf dem Weg in einen Endkampf, bei dem sich ein für alle Mal entscheiden wird, ob die Heerscharen des Himmels oder der Teufel und sein dämonischer Anhang fortan die Geschichte bestimmen werden. Nachdem wir schon lange Gott unwiderruflich getötet haben, so meinte jedenfalls Friedrich Nietzsche, entscheidet heute nicht mehr das überlieferte Wort einer transzendenten Instanz darüber, wer dem Reich des Guten und dem des Bösen zugezählt werden muss, sondern Mächtige des Diesseits. Wer sind diese Mächtigen nun genau? Wirtschaftsbosse, Banker, Politiker, Medienleute und Religionsführer. Selbst letztere sind weitgehend ohne Gottesglauben. Längst wurden auch im Christentum Gott und seine Engel und Heiligen unter dem Wahlspruch „Gott ist queer“ aus dem jenseitigen Paradies vertrieben. Mutmaßlich werden nun dort keine Harfen mehr gespielt. Dröhnende elektronische Wummer-Musik, von der auf Erden der jährliche CSD begleitet wird, beschallt nun auch das christliche Himmelreich und längst tanzen auch dort die halbnackten Derwische. Im Vergleich dazu werden viele das Leben in der Hölle als angenehmer empfinden, wo dem Vernehmen nach guter Black- und Death-Metal von Behemoth und Mayhem gespielt wird.